Wie werde ich mein schlechtes Gewissen los?

      Wie werde ich mein schlechtes Gewissen los?

      Guten Abend,
      Ich weiß gar nicht wo ich so richtig anfangen soll. Im Mai ist mein Vater verstorben und seit dem plagt mich ein schlechtes Gewissen, ich weiß einfach nicht wie ich es los werden soll.

      Ich schildere einfach mal was passiert ist. Ich war immer ein "Papa-Kind", bis dieser einen Schlaganfall hatte, dadurch veränderte sich seine ganze Persönlichkeit und ich kam damit nicht sonderlich gut zurecht, war aber ja auch erst 13 Jahre alt.

      Dadurch zerbrach auch die Ehe meiner Eltern und er zog aus. Viele Jahre sahen wir uns nur noch einmal im Jahr, meistens an weihnachten.
      So auch letztes Jahr. Im Januar kam mir der Gedanke ich sollte meinen Vater mal besuchen, einfach nur mal so, ihm von meiner Schwangerschaft erzählen (an Weihnachten war ich noch nicht aus den kritischen 12 Wochen raus..) ich verschob es allerdings immer wieder. sagte mir: "ach, nächsten Monat mach ich das", "in 3 Monaten kommt das Kind, dann überrasch ich ihn" , "nur noch 2 Monate bis zur Geburt", "nur noch 4 Wochen"...

      und dann am 24.5.15 (3 Wochen vor der Geburt) kam der Anruf, meine Tante war dran "hallo Dreamy, ich weiß, das kommt jetzt etwas plötzlich, aber dein Papa liegt im Sterben, komm besser schnell" es war als hätte mir jemand eine Keule gegen den Kopf geknallt. Ich begriff es nicht. Auf Nachfrage was passiert wäre meinte sie nur "Lungenkrebs".
      wir fuhren hin, ich erzählte ihm von meiner Tochter und wie sie heißen soll (das hatten wir bis dahin geheim gehalten) dann verabschiedeten wir uns und fuhren heim, es war alles so unwirklich. Am nächsten Morgen der Anruf, "er ist friedlich eingeschlafen".

      Die nächsten 2 Wochen "funktionierte" ich nur, ich kümmerte mich um meinen bereits vorhandenen Sohn, half meiner Mutter beim aussortieren der Sachen, durchwühlte unzählige Aktenordner und half mit bei der Beerdigungsgestaltung, nebenbei noch etwas seelische Vorbereitung auf die Geburt.

      Ich hab das Gefühl, dass ich hätte da sein müssen. Es ist so furchtbar, er saß da ganz alleine im Pflegeheim, kein Besuch, keine freunde, einfach darauf wartend dass es vorbei geht...

      Mein Vater hat es 2 Monate vor seinem Tod nur seinem Bruder erzählt, der alle informiert hat aus der Familie, nur eben meine Mutter und wir Kinder wussten nichts.
      Ich war so sauer auf ihn (meinen Onkel)...

      Nur leider fällt mir kein weg ein, wie ich diese schuld los werde, mein Kopf sagt mir, dass ich es nicht wissen konnte, mit sowas rechnet man ja auch nicht, aber das hilft mir nicht.

      Ich habe mich auch schon am Totenbett entschuldigt, ebenso auf der Beerdigung. Auch saß ich schon nachts am grab, um mich nochmals zu verabschieden und von meinen Gedanken erzählt.

      habt ihr vielleicht Ideen, was ich machen könnte? Ich fühl mich so schuldig, es kommt immer phasenweise, morgen werden wir uns ein neues Auto ansehen, da wird ein Großteil meines Erbes wohl ausgegeben, ein Erbe, das ich gefühlt nicht verdient habe. Mein Kopf sagt, dass es quatsch ist, das Gefühl bleibt..

      Danke schonmal mal fürs Lesen, ich hoffe es ist nicht zu wirr und einigermaßen verständlich.
      Liebe Dreamy,

      zunächst einmal herzliches Beileid zum Tod deines Vaters.

      Ich habe mir alles, was du geschrieben hast durchgelesen und kann absolut kein Fünkchen Schuld darin erkennen. Es scheint sogar so zu sein, dass alles "richtig" gelaufen ist, weil er direkt nach deinem letzten Besuch "friedlich eingeschlafen" ist. Du hast ihm von deinem "Geheimnis" erzählt und warst noch einmal bei ihm. Das ist der Punkt, um den es geht. Bei der Vorbereitung auf das Sterben konntest du ihm genauso wenig helfen, wie er dir bei der Vorbereitung auf die Geburt.

      Du hast dich bei ihm entschuldigt, weil du ihn nicht schon vorher besucht hast. Alles ist getan!

      Wenn du kannst, dann bete für ihn, für seine Seele, dass sie ins Licht geführt wird. Ansonsten hab liebe Gedanken an ihn, erinnere dich im Guten an ihn und erzähle deinen Kindern davon, was für einen wundervollen Papa du hattest.

      Alles Liebe Frieda


      ......................................................

      "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
      dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
      ihre Auswirkung auf das Ganze hat."

      Albert Einstein
      Danke für euer Feedback. :)

      Vom Kopf her weiß ich das ja auch, aber meine Gefühle haben da gerade wohl ein eigenleben. Vielleicht muss ich mich auch einfach etwas gedulden, es ist ja erst kurze Zeit her, obwohl es mir vorkommt, als wäre es schon "ewig" her, hier ist ja doch so einiges passiert, da täuscht einen das eigene Zeitgefühl schon sehr.
    Liebeskummer Sorgen Forum