Posts by Sascha

    Hallo, Ihr beiden, tut mir leid, dass ich so lange nicht reagiert habe! War eine Unmenge zu tun.

    Ihr habt ja, glaube ich, unterschiedliche Dinge angesprochen.

    Auf der einen Seite tröstliche Gedanken, die den verlorenen Menschen irgendwie weiter wirken lassen. Verbunden entweder mit religiösen Dingen oder mit den liebgewonnenen Erinnerungen an sein Wesen und seinen Charakter. Ohne das geht es sicher gar nicht. Ohne diese Bindung an ihn würde ich wahrscheinlich kaputt gehen. Weil der Verlust eben so unbegreiflich total ist. Hab das die Tage wiedermal gemerkt, wie intensiv das hochkam. Aber ich glaube auch, unsere Sache ist es dann umso mehr, bewusst zu leben und unsere verlorenen Menschen durch uns irgendwie weiter wirken zu lassen.

    Auf der anderen Seite spüre ich auch die ganzen Schwierigkeiten, die ich nun allein lösen muss. Kontos auflösen, Verträge umwidmen oder beenden. Das war ein nicht endender Wust die vergangenen Tage. Dabei geh ich dann noch arbeiten. Gibt oft genug Momente, wo ich beinahe verzweifle. Wenn jetzt noch irgendwas technisches kaputt gehen würde, Waschmaschine oder so, keine Ahnung, was ich dann mache. Zu Grundlegendem, wie regelmäßig Aufräumen komme ich kaum noch oder hab die Ausdauer nicht.

    Ich bin erstmal müde. Wünsche euch beiden und allen Lesern einen schönen Herbstanfang.

    Liebe Funny,

    das hast du schön geschrieben, ganz besonders die letzten Worte. Ja, das was man gemeinsam machen wollte, man macht es jetzt vielleicht allein, aber in unseren Herzen sind sie dabei. Wir empfinden für sie mit und nehmen zusätzlich auch wahr, wie sie empfunden hätten. Und im Herzen teilen wir es mit ihnen.

    Und du hast wohl auch Recht mit dem Überdecken. Ich habe es vor wenigen Tagen empfunden. Nachdem ich mich nach der Reise gut bereinigt gefühlt hatte, kam die Trauer natürlich doch irgendwann wieder zurück. Es war schön, da deine Worte zu lesen. Das Forum hier ist für mich öfter ein kleiner Trost, wenn die Trauer mal sehr intensiv wird.Weil man eben weiß, dass die Leute hier ähnliches erlebt haben und verstehen.


    Übrigens war ich ja diese Woche im Wald, wo mein Freund unter dem Baum bestattet ist. Da habe ich gesehen, dass zwei neue Namensschilder angebracht waren und Erde umgegraben war. Es gibt da nun also Angehörige, die nun auch sehr traurig sind, weil sie geliebte Menschen verloren haben. Ich wünsche ihnen viel Kraft. Aber ehrlich gesagt habe ich da noch etwas anderes gefühlt, was hoffentlich nicht zu makaber klingt. Ich habe tatsächlich gedacht und zu meinem Freund gesagt: "Guck mal, jetzt hast du hier auch Nachbarn." Wenn ich das den Angehörigen sagen würde, wären sie wahrscheinlich ziemlich sauer. Aber irgendwie hat es in dem Moment ein kleines schönes Gefühl gegeben. Vielleicht ging das auch deshalb, weil die Verstorbenen schon ziemlich alt waren. Naja, im Herzen stelle ich mir vor, wie sich mein Freund mit den beiden älteren Damen austauscht, und wie sie gemeinsam ihren Baum wachsen lassen.


    Liebe Grüße

    Sascha

    Ich bin schon ein paar Tage wieder zu Hause, hab hier auch ein bisschen drübergelesen, wie es euch anderen Trauernden so geht. Mal in ganz aktueller tiefer Trauer, mal mit neuem Lebensmut und bereit, sich wieder auf kleine Freuden einzulassen. Ich frage mich, ob es stimmt, dass die Zeit nach und nach Wunden heilt.

    Also wie geschrieben war ich in der alten Heimat meines verstorbenen Freundes, bin mal mit dem Fahrrad, mal mit dem Bus durch die Lande gegondelt. Es war teilweise tatsächlich so, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich wollte unsere Touren von vor 25 Jahren, als wir uns dort kennenlernten und mit dem Auto umherfuhren, nachempfinden. Und die Erinnerung an dieses Gefühl von damals kam tatsächlich. Wenn ich aus dem Busfenster sah war es oft wie bei ihm im Auto. Der Blick über die hügelige Landschaft brachte mich zurück zu diesen gemeinsamen Momenten, als er mir seine Heimat gezeigt hatte, und ich habe einige Male im häufig nicht so vollen Bus leise vor mich hingeweint.

    Mit dem Fahrrad war ich auch unterwegs, bin am Fluss entlanggeradelt. Irgendwie konnte ich da ein bisschen mehr auf die Natur gucken, war vielleicht durch das eigene Fahren ein bisschen von Trauer abgelenkt. Jedenfalls konnte ich mich da sehr an der Natur erfreuen, sie für mich genießen, meine Trauer häufiger vergessen. In Gedanken habe ich mich dann oft bei ihm dafür bedankt, dass er mir seine Heimat nahegebracht hatte.

    Einige Tage habe ich auf einem Campingplatz gewohnt, und Abends dann beim Sitzen vor dem Zelt, wenn ich die anderen Leute so miteinander gesehen habe, wurde mir natürlich dann umso bewusster, dass ich allein bin und warum ich es bin. Weil er nicht mehr da sein kann. Das war dann oft besonders schmerzhaft.


    Insgesamt habe ich nach dem Urlaub aber das Gefühl, das Richtige getan zu haben. Ich weiß nicht, ob ich mir das nur einrede, aber es kommt mir schon so vor, wieder etwas Trauer überwunden zu haben. Irgendwie war die Fahrt wieder ein bisschen ein Abschiednehmen von ihm, genau wie bei seiner Bestattung. Ich kann mich hier zu Hause nun noch etwas häufiger von der Trauer lösen, mich um mich kümmern und kann mir nun auch öfter sagen, dass es auch gut so ist.

    Doch oft können kleine Impulse ausreichen, die die Trauer wieder intensiv zurückbringen. Eine traurige oder auch nur melancholische Melodie, ein zufälliger Blick in ein Regal oder auch Formalitäten, die nun mich allein betreffen. Aber das ist gut so. Ich möchte gar nicht, dass die Trauer ganz endet. Ich möchte sein Andenken bewahren, möchte ihn im Herzen behalten. Was manchmal ein bisschen belastet ist, dass die Erinnerung an ihn bis jetzt meistens eben von Trauer und Traurigkeit geprägt ist. Ich weiß nicht, wie eure Erfahrungen sind. Ob die Erinnerungen irgendwann im Laufe der Zeit mehr Freude an schöne Zeiten in sich haben werden.


    Wie auch immer, ich habe noch ein paar Tage frei und werde ihn diese Woche natürlich auch noch im Ruheforst besuchen, wo er mir zeigen wird, wie es dem Baum über ihm geht.


    Liebe Grüße

    Sascha

    Ja, hast recht, Matthias. Jeden Tag kann ich nicht an seiner Grabstätte sein, weil sie etwas außerhalb liegt. Aber einmal im Monat besuche ich ihn dort.

    Und heute geht es für mich in den Urlaub auf Nostalgietour in die alte Heimat meines Freundes, wo wir uns vor 25 Jahren kennengelernt haben. Ich werde dort ein paar Tage mit dem Rad umherfahren, Orte besuchen, die er mir damals gezeigt hat. Wir haben dort z.B. auch gemeinsam die große Sonnenfinsternis beobachtet.

    Mal sehen, wie es wird. Viel Andenken, Erholung, Sport und Bewegung, mal gucken.

    Ich wünsche dir auch, dass du Menschen hast, mit denen du deine noch so aktuelle Trauer teilen kannst. Du hast ganz recht, man kann es einfach nicht fassen. Weil es eben, denke ich, so absolut ist. Da ist eben kein Ausweg, kein kleines Fenster. Aber es bleibt trotzdem etwas. Nicht nur die Erinnerungen, sondern auch die Verbundenheit. Ich glaube, sie ist etwas, was man, wenn der andere Mensch nicht mehr da ist, genau so stark, vielleicht manchmal sogar noch stärker spürt als vorher im Alltag.


    Ich wünsche dir gute Wege, dich mit deiner Mutter weiter verbunden zu fühlen, sei es durch Musik, Bilder, Aktionen, was auch immer.

    Liebe Grüße

    Sascha

    Vielen Dank euch vier für eure lieben Worte! Ja, das mit dem Heraushören, was er vielleicht sagen würde, überhaupt der Versuch, in eine Art imaginäre Kommunikation mit ihm zu treten, das begleitet mich in den vergangenen Monaten. Ich sage ihm jeden Abend vor dem Schlafen Gute Nacht. Es ist eine kleine Vorstellung, dass er irgendwie noch da ist. Auf der anderen Seite macht es auch manchmal bewusst, dass er nicht mehr da ist. Die Totalität dieses Faktes hat mich in den vergangenen Wochen/Monaten echt umgehauen. Das habt ihr möglicherweise auch so wahrgenommen. dieses Absolute, das Fehlen irgendeiner Rückkehrmöglichkeit. Bei vielen Sachen sagt man ja häufig, es wird alles wieder gut. Hier weiß man eben, dass diese Sache nicht mehr gut wird. Trotzdem möchte ich, wenn ich darf, jeden von euch ermutigen, das Leben vielseitig zu sehen. so enge Angehörige zu verlieren ist furchtbar. Aber es ist nicht das ganze eigene Leben. Lebt weiter, sucht Kontakt zu anderen Menschen. Eure Lieben würden es euch von Herzen gönnen! Lasst sie geistig teilhaben an euren Erlebnissen!

    Ach man, im Nebenzimmer habe ich die Eröffnung der Olympischen Spiele zu laufen, da lief gerade "Imagine", die Melodie rührte mich gerade zu Tränen. Irgendwie sind manche Melodien oder instrumentelle Klänge seit seinem Tod bei mir immer wieder Auslöser für Trauermomente. Oder sie geben meinen Trauerphasen eine Begleitung.

    Was seinen Baum angeht, unter dem seine Asche nun liegt, das empfinde ich wirklich als etwas, wo er auch gewissermaßen in seinem Wesen weiterlebt. Er war einfach ein Macher, Handwerker, Tüftler. Und die Vorstellung, dass er in der Natur (in einem Ruheforst) nun gewissermaßen weiter gestaltet, ist für mich tatsächlich ein Trost. Bei uns zu Hause wird mir sein Geschick in der Hinsicht bestimmt noch oft fehlen. Der Handwerker bei uns war eindeutig er.


    Ich glaube, ich schreibe gerade ein bisschen chaotisch. Tut mir leid! Aber vielleicht könnt ihr das eine oder andere nachvollziehen.


    Liebe Grüße an euch

    Sascha

    Hallo, liebe Leser,

    ich bin Sascha, männlich und ich weiß nicht, ob es was bringt, hier zu schreiben, ob so ein Forum etwas bringt und ob das das richtige Forum ist. Bei aller Gemeinsamkeit der Trauer denkt ja jeder verständlicherweise in erster Linie an den eigenen Trauerfall. Vielleicht hilft es aber auch einfach, etwas aufzuschreiben. Vielleicht kann ich hier auch von anderen Erfahrungen profitieren und erfahren, was mich möglicherweise noch erwarten könnte.

    Also mein Freund und Lebensgefährte ist im April an Krebs gestorben. Fast 25 Jahre waren wir zusammen. Im Sommer des vorigen Jahres bemerkte er plötzlich Schluckbeschwerden. Im Gegensatz zu mir und vielen anderen war er in solchen Dingen sehr aufmerksam, kümmerte sich gleich um entsprechende medizinische Untersuchungen. Naja, in der Speiseröhre wurde ein Tumor festgestellt. Mein Freund erreichte relativ schnelle Behandlungen, angefangen mit einer Chemotherapie, dann die Operation der Speiseröhre, die Entfernung des Tumors verlief erfolgreich, Fortsetzung der Chemo. Die Zeit war anstrengend, es gab auch Probleme, z.B. dass der Schlauchmagen an der Naht zuwuchs und dort immer mal wieder operativ geweitet werden musste. Aber eigentlich sah es doch gut aus.

    Im Februar dann die Nachricht, dass sich doch schon etwas verteilt hatte. Das bedeutete, eine vollständige Heilung konnte es nicht mehr geben. Wenigstens stand die warme Jahreszeit bevor um noch gemeinsam die Zeit zu verbringen. Und die neue Chemo könnte doch zusätzliche Zeit bringen. Es folgten anstrengende Wochen für meinen Freund, Gewichtsverlust, Geschmacklosigkeit, Schwäche, künstliche Ernährung, medizinische Eingriffe (wieder am Schlauchmagen, am Herzen, Augen, Blase). Aber auch die (naive?) Hoffnung, die Chemo bringt Zeit, wenn sie vorbei ist, ist eine Weile Stabilität gewonnen und Zeit miteinander.

    Doch eigentlich mehrten sich die Zeichen, dass es nicht gut enden würde. Untersuchungen, ärztliche Andeutungen, Befinden. Vielleicht war das zu unkonkret, vielleicht will man es nicht wahrhaben, malt sich Hoffnungen aus. Ich war fast jeden Tag nach der Arbeit bei ihm im Krankenhaus, hab ihm vom Alltag erzählt. Einen Nachmittag kam dann der Anruf, er hat das Bewusstsein verloren. Am Krankenbett habe ich ihm dann einige Male weinend für alles, was er für mich in den Jahren getan hat, gedankt. Ich weiß nicht, ob er mich dabei mal wahrgenommen hat. Einmal hatte ich den Eindruck, dass er mich aus kaum geöffneten Augen ansah und während ich weinte, ihm auch eine Träne aus den Augen lief. Keine Ahnung, ob das ein Wahrnehmen war. Selbst in diesen Stunden dachte ich mir noch so naiv, vielleicht wacht er ja auch nächste Woche wieder auf. Einen Tag später aber, als ich von zu Hause ein paar Sachen holte, um weiter neben ihm im Krankenzimmer schlafen zu können, starb er.


    Jeden Tag weinen, wofür ich mir auch immer soviel Zeit genommen habe, wie es eben gedauert hat. Ich habe die Musik laufen lassen, die er häufig gehört hat. Und ich habe gemerkt, die Trauer hat verschiedene Facetten. Zum Beispiel das Gefühl der Ungerechtigkeit. Er war immer fleißig, immer hilfsbereit, stand auch kurz vor der Rente, hatte sich einiges dafür vorgenommen. Außerdem hat immer auf sich geachtet, warum musste ihm so etwas passieren? Er selbst hatte während der Krankheit immer wieder gefragt, warum ihm das passieren musste, was habe er vielleicht falsch gemacht. Darauf gibt es wohl keine Antwort, aber das Gefühl der Ungerechtigkeit war und ist ein großer Teil der Trauer.

    Ein anderer Teil ist die Unsicherheit und Angst, plötzlich alles selbst organisieren zu müssen. Der Mensch, mit dem ich mich immer austauschen und absprechen konnte, der soviel für das gemeinsame Leben organisiert hatte, war plötzlich nicht mehr da. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Bestattung organisiert, musste nach und nach auf Kondolenzen reagieren, womit ich mich vorher nie befasst hatte. Die Briefe spendeten aber viel Trost.

    Und dann war da die Unsicherheit, ob wir verpasst haben, uns noch Dinge zu sagen, als wir noch konnten. In den letzten Tagen als er noch wach war, habe ich ihm ja wie gesagt oft alltägliche Dinge erzählt. Ich habe in diesen Tagen nie erwartet, dass es so plötzlich vorbei sein könnte. Und ich frage mich, wenn ich es gewusst hätte, hätte ich ganz anders mit ihm geredet?

    Nach einigen Wochen Trauer bin ich auch wieder arbeiten gegangen. Überall habe ich Verständnis und Hilfsangebote, aber auch Ablenkung bekommen. Sowas macht viel aus. Ich konnte irgendwann auch wieder ab und zu fröhlich sein. Ich hatte irgendwann das Gefühl, die Trauer lässt nun langsam nach. Ganz tief in mir war und ist immer das leise Gefühl des tiefen Verlustes. In der Regel nicht so, dass ich das Gefühl habe, dass es mich kaputt macht. Aber immer mit der traurigen Gewissheit, da ist eine Sache, die nie wieder gut wird, ein Schmerz, der nicht heilbar ist und immer leise da sein wird. Ich kann diesen Schmerz im Alltag, bei der Arbeit, auch bei Spaß mit Freunden eine Weile zudecken, aber er wird nie ganz weggehen. Und das soll er auch nicht. Weil es eben einfach traurig ist, was passiert ist. Es kommt noch etwas anderes dazu. Wenn, wie ich glaube, nach dem Tod nichts mehr ist, könnte ich ja meinen, wenn mein Freund vorher gelitten und gehadert hat, ist es jetzt nicht mehr schlimm, denn er ist nicht mehr, bemerkt es nicht mehr. Doch da ist dieses Gefühl, wie hat er sich vielleicht zu seinen letzten Tagen und Stunden gefühlt? Was war ihm bewusst? Er wollte ja nicht sterben. Das muss doch für einen Menschen ein schlimmes Gefühl sein.

    Nach der relativ späten Bestattung fühlte ich mich besser, sie wirkte irgendwie ein bisschen wie ein bereinigender Abschluss. Die Asche meines Freundes liegt unter einem jungen Baum und ich freue ich, ihn in den kommenden Jahren wachsen zu sehen. Diese Zuversicht gibt mir Trost und irgendwie einen Sinn in der ganzen schrecklichen Tragik, gibt mir sogar einige freudige Gedanken der Erinnerung und der Zuversicht. Irgendwie nun eine stille aber zuversichtlichere Trauer als vorher.

    In den vergangenen Tagen und Wochen kam aber diese traurige Trauer, die mit Fragen, Klagen und Weinen einhergeht, wieder zurück. Ich stelle mir teilweise wieder die Fragen, die ich in der Zeit nach seinem Tod hatte. Naja, das hat mich letztendlich dazu gebracht, das alles mal hier aufzuschreiben. Ich weiß nicht, wie es weitergeht und was mich da möglicherweise noch erwartet.


    Herzliche Grüße an alle, erinnert euch an eure Leute, aber versucht, euer eigenes Leben zu leben! Es kann schneller vorbei sein, als man denkt.

    Sascha