Ich bin schon ein paar Tage wieder zu Hause, hab hier auch ein bisschen drübergelesen, wie es euch anderen Trauernden so geht. Mal in ganz aktueller tiefer Trauer, mal mit neuem Lebensmut und bereit, sich wieder auf kleine Freuden einzulassen. Ich frage mich, ob es stimmt, dass die Zeit nach und nach Wunden heilt.
Also wie geschrieben war ich in der alten Heimat meines verstorbenen Freundes, bin mal mit dem Fahrrad, mal mit dem Bus durch die Lande gegondelt. Es war teilweise tatsächlich so, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich wollte unsere Touren von vor 25 Jahren, als wir uns dort kennenlernten und mit dem Auto umherfuhren, nachempfinden. Und die Erinnerung an dieses Gefühl von damals kam tatsächlich. Wenn ich aus dem Busfenster sah war es oft wie bei ihm im Auto. Der Blick über die hügelige Landschaft brachte mich zurück zu diesen gemeinsamen Momenten, als er mir seine Heimat gezeigt hatte, und ich habe einige Male im häufig nicht so vollen Bus leise vor mich hingeweint.
Mit dem Fahrrad war ich auch unterwegs, bin am Fluss entlanggeradelt. Irgendwie konnte ich da ein bisschen mehr auf die Natur gucken, war vielleicht durch das eigene Fahren ein bisschen von Trauer abgelenkt. Jedenfalls konnte ich mich da sehr an der Natur erfreuen, sie für mich genießen, meine Trauer häufiger vergessen. In Gedanken habe ich mich dann oft bei ihm dafür bedankt, dass er mir seine Heimat nahegebracht hatte.
Einige Tage habe ich auf einem Campingplatz gewohnt, und Abends dann beim Sitzen vor dem Zelt, wenn ich die anderen Leute so miteinander gesehen habe, wurde mir natürlich dann umso bewusster, dass ich allein bin und warum ich es bin. Weil er nicht mehr da sein kann. Das war dann oft besonders schmerzhaft.
Insgesamt habe ich nach dem Urlaub aber das Gefühl, das Richtige getan zu haben. Ich weiß nicht, ob ich mir das nur einrede, aber es kommt mir schon so vor, wieder etwas Trauer überwunden zu haben. Irgendwie war die Fahrt wieder ein bisschen ein Abschiednehmen von ihm, genau wie bei seiner Bestattung. Ich kann mich hier zu Hause nun noch etwas häufiger von der Trauer lösen, mich um mich kümmern und kann mir nun auch öfter sagen, dass es auch gut so ist.
Doch oft können kleine Impulse ausreichen, die die Trauer wieder intensiv zurückbringen. Eine traurige oder auch nur melancholische Melodie, ein zufälliger Blick in ein Regal oder auch Formalitäten, die nun mich allein betreffen. Aber das ist gut so. Ich möchte gar nicht, dass die Trauer ganz endet. Ich möchte sein Andenken bewahren, möchte ihn im Herzen behalten. Was manchmal ein bisschen belastet ist, dass die Erinnerung an ihn bis jetzt meistens eben von Trauer und Traurigkeit geprägt ist. Ich weiß nicht, wie eure Erfahrungen sind. Ob die Erinnerungen irgendwann im Laufe der Zeit mehr Freude an schöne Zeiten in sich haben werden.
Wie auch immer, ich habe noch ein paar Tage frei und werde ihn diese Woche natürlich auch noch im Ruheforst besuchen, wo er mir zeigen wird, wie es dem Baum über ihm geht.
Liebe Grüße
Sascha