Meine Mutter ist am 7. März mit 88 Jahren im Pflegeheim verstorben und vorgestern war ihre Beerdigung.Ich bin dieses Jahr 49 geworden und bin nun ganz ohne Eltern, das ist ein sehr eigenartiges und auch trauriges Gefühl! Fühlte ich mich vorher noch als Kind von jemandem, ist das nun endgültig vorbei.
Mein Vater ist schon vor 25 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Damals hatte ich auch eine Zeit lang getrauert aber doch fühlte es sich ganz anders an als jetzt.
Ich habe meine Mutter in den letzten zwei Jahren mehrmals die Woche im Pflegeheim besucht und obwohl wir Zeit unseres Lebens eine eher schwierige Beziehung hatten, war es für mich eine Selbstverständlichkeit, für sie da zu sein, so oft ich konnte, denn trotz aller Schwierigkeiten zwischen uns, kann ich sagen, dass meine Liebe zu ihr immer sehr tief war und sie hatte wie alle Eltern natürlich auch ihre guten Seiten.
In unserer Beziehung lief sehr vieles über Geld. Sie unterstütze mich als Alleinerziehende sehr in den ganzen Jahren, hatte jedoch an vielem, was ich tat oder meinem innersten Befinden oft kein Interesse bzw. verstrickte sich selbst oft völlig kopflos in eine krankhafte Sorge um mich, die teilweise vollkommen an den Haaren herbei gezogen war. Besonders in jungen Jahren, gerieten wir sehr häufig aneinander, weil es ihr einerseits an echter Empathie fehlte bzw. sie mir diese kaum zeigen konnte oder weil sie in ihrer dominanten Art mir ihre Meinung aufzwingen wollte, bis hin zu Drohungen, dass wenn ich nicht so oder so handele, dieses oder jenes geschehen würde. Meistens drohte sie mir dann damit vor Sorge krank zu werden. Selbst hatte sie sich von meinem Vater getrennt, als ich 9 war und später auch nie wieder einen Partner gefunden. Ihre ganze Aufmerksamkeit lag ab da nur noch auf uns Kindern und ihren Enkeln, was einerseits schön, andererseits auch belastend war.
Sie gehörte der Fluchtgeneration im Krieg an und ich habe vieles über diese Generation gelesen und auch weshalb viele ihre Gefühle so unter Verschluss hielten bei ihren eigenen Kindern und in ihren Familien....es hat die alten Wunden in mir zwar nicht gelöscht aber zumindest mein Verständnis für ihr Verhalten erhöht.
Was ist bei Euch geschehen, als beide Eltern gegangen sind? Und hat jemand auch die Erfahrung gemacht, die komplette Eigenverantwortung danach erst aufbauen zu müssen? Ist es euch gelungen?
Wie oft hatte ich in den letzten Jahren, diese finanzielle Abhängigkeit von ihr verflucht oder mich geschämt (auch vor meinen beiden älteren Brüdern) es bisher immer noch nicht geschafft zu haben zu 100% auf eigenen Beinen zu stehen, mit 49 Jahren!! Gut, ich verdiene schon meinen Lebensunterhalt (bin selbstständig) aber es gab immer diesen doppelten Boden, den sie mir geboten hatte und auch ganz bewusst bieten wollte, da ich nie etwas übrig hatte für Extrakosten.
Manchmal denke ich, es war wir ein unausgesprochener Pakt zwischen uns, dass ich abhängig bleibe und sie mir seit ich denken kann immer wieder Geld zugeführt hat, denn das eigenartige war, diese Unterstützung auch unabhängig von meinem jeweiligen Einkommen. Zur Zeit verdiene ich zwar nicht mehr ganz so viel wie vor einigen Jahren aber selbst damals gab es immer irgendwelche Reparaturkosten Auto, Wohnung, Urlaub etc., die sie dann übernommen hatte. Es war einfach ihre Art mir ihre Zuneigung zu zeigen, so denke ich. Viele im Freundeskreis sagten dann immer, sei doch froh, ich wünschte meine Eltern hätten das Geld um mich zu unterstützen....aber nun stehe ich da und habe manchmal Panik, dass ich diese ganzen Kosten nicht mehr alleine gestemmt kriege...die Trauer um ihren Tod und die ganze Umstellung meines Alltags ist ja nun auch noch "nebenbei" zu bewältigen.