Hallo Liebe.Meer,
ich kann Dir deinen Verlust insoweit nachfühlen, daß 2019 auch meine Mutter gestorben ist, allerdings nach Jahren der Demenz, das ist eine ganz andere Art des Abschieds, der dann schon zu Lebzeiten beginnt, weil man weiß, daß es nicht besser wird, nur schlechter und daß es die Mutter, wie man sie gekannt hat, dann so nicht mehr gibt und nie wieder geben wird. Aber es ist immer noch die eigene Mutter. Ich weiß nicht, welche Form des Abschieds jetzt "weniger schlimm" ist. Wahrscheinlich keine von beiden, denn der Tod ist das endgültigste Ereignis von allen und schon allein deshalb eine Zäsur, die alles, was bis dahin anderes geschehen ist, in den Schatten stellt und stellen muß.
Das erklärt auch dein Gefühl, daß nach diesem Ereignis alles anders geworden ist und das Leben nicht mehr so wie vorher. Das kann auch gar nicht anders sein! Der Tod eines geliebten Menschen reißt ein Loch in der eigenen Seele, das nicht mehr zu füllen ist. Das bleibt auch so. Die Trauer darüber, daß dieser Mensch nicht mehr da ist, wird nicht aufhören! Sie holt einen immer wieder ein, wenn man z.B. an Orte kommt, an denen man etwas gemeinsam erlebt hat. Man wird sich zeitlebens daran erinnern, was man dort zu Lebzeiten des geliebten Menschen erlebt hat. Und man wird dann den Verlust immer in irgendeiner Weise neu erleben.
Ist das gut oder schlecht?
Ich fände es noch schlimmer, wenn man den Verlust seiner Eltern gar nicht betrauern könnte. Denn dann hätte man nie etwas gehabt, das man betrauern könnte, wenn man es verloren hat. Die Eltern geben ihren Kindern irgendwann im Leben den Staffelstab in die Hand. Die Eltern sind ihren Lebensweg gegangen und übergeben die Verantwortung irgendwann an ihre Kinder. Das ist der natürliche Lauf der Welt. Die Eltern übergeben ihren Kindern eine Verantwortung, ihr Lebenswerk fortzusetzen. So empfinde ich es zumindest.
Dir "muß" es nicht wieder gut gehen, auch nicht nach einer gewissen Zeit. Es kommt darauf an, was Du daraus machst. Du kannst ja auch deinen Verlust weiter so fühlen, wie er ist, aber trotzdem darüber nachdenken, was deine Mutter für dich gewollt hätte, wie du mit dieser Situation umgehst. Du kannst Dinge tun, die deine Mutter vielleicht für dich gewollt hätte, weil sie dir gut tun. Würde sie wollen, daß Du dauerhaft in der Trauer um sie verharrst? Oder würde sie sich wünschen, daß Du sie in liebender Erinnerung behältst und fortan deinen eigenen Weg im Leben suchst?
Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute!
Ralf