Tag 77

  • Hallo ihr,
    ich schleiche seit Wochen hier herum, und zögere etwas zu schreiben, denn ich denke nicht, dass mich etwas trösten kann. Andererseites ... wird es wohl kaum schaden...
    Im Sommer 2017 hatte meine Mutter einen leichten Herzinfarkt, hat aber alles gut überstanden.
    Im November ist sie nachts zwischen 3 und 5 Uhr verstorben. Da mein Vater keine Obduktion wollte, ist die Todesursache unbekannt, nach ihrer Vorgeschichte gehen wir jedoch von einem erneuten Herzinfarkt aus. Sie war 54 Jahre alt.
    Ich bin 22 Jahre alt und vor 3 Jahren von zu Hause ausgezogen. Wir hatten nicht gerade das beste Verhältnis zueinander...aber ich weiß, dass sie mich sehr geliebt hat. Es ist immer noch unfassbar, es kam so plötzlich. Das schlimmste ist, meinen Vater weinen zu sehen. Ich habe ihn davor noch nie weinen gesehen.
    Meine Geschwister wohnen noch zu Hause/im gleichen Dorf wie er und wir versuchen alle drei, ihn ein bisschen ... abzulenken, damit er nicht so viel alleine ist.
    Einige meiner Freunde waren in den ersten Wochen gut für mich da, mittlerweile haben sich aber die meisten zurückgezogen.
    Ich habe momenaten Semesterferien, im März beginnt mein letztes Semester, aber ich bin sehr überfordert von dem Gedanken an die ganzen Prüfungen.
    Ich fühle mich total ausgebrannt, als ob ich seit Wochen nur noch auf 10% laufen würde. Und ich bin sehr ungeduldig, ich will...das der Schmerz bald aufhört, oder zumindest das plötzliche in Tränen ausbrechen.
    Habt ihr vielleicht Tipps wie ich meine "Batterien" ein bisschen aufladen kann?
    Grüße,
    Lelila

  • Liebe Lelila,
    ich kenne den Schmerz nicht den man empfindet wenn man die Mutter verliert. Ich kenne den Schmerz den ich empfunden habe als ich jeweils meinen Vater, meine Tante, meinen Schwiegervater, meinen Mann und meine Schwiegermutter verloren habe. Das ist alles noch nicht so lange her. Ich kenne auch den Schmerz Omas und Opas zu verlieren, einen Neffen (er durfte nur wenige Tage alt werden) und der Schmerz um meine geliebten Hunde und anderer Tiere (auch wenn manche meinen es sind nur Tiere) ist mir bekannt.
    Meine Mama hat Krebs, bösartigen Krebs, und vielleicht auch inzwischen das Alter um den Tod furchtlos ins Gesicht zu schauen und trotzdem fällt mir die Gewissheit des baldigen Sterbens unendlich schwer. Ich denke die Verbindung zur Mutter ist doch immer (zumindest im Normalfall) eine ganz besondere.
    Für dich ist es eine sehr schwere Zeit. Für deinen Papa auch und auch für deine Geschwister. Versucht einfach füreinander dazusein. Da reicht es schon wenn ihr euch über eure Mama unterhaltet wenn ihr euch eure Gefühle erzählt oder auch einfach mal etwas zusammen unternehmt damit ihr merkt, dass ihr auch ohne eure Mama / Frau immer noch eine Familie seit die zusammengehört.
    Dir kann ich nur empfehlen das zu tun was du für dich als richtig empfindest.
    Ich habe , als mein Mann gestorben ist, laut Musik gehört, auch nachts. Manchmal 20-30 Mal dasselbe Lied. Ich habe vor Wände und Bäume getreten und geschlagen, lange Spaziergänge gemacht, Luftballons mit Post für meinen Mann steigen lassen, seine Sachen im Garten verbrannt, geweint, geschrien, Alkohol getrunken, Nachts am Grab Lieder gehört die uns verbunden haben und getanzt, vor den Grabstein getreten, Kerzen angezündet, und, und, und...........und ich habe hier ins Tagebuch geschrieben. Alles hat mir geholfen meinen Weg zu finden und nicht an dem Verlust zu zerbrechen.
    Ich wünsche dir die Kraft es genauso zu tun. Lebe deine Trauer aus denn nur so kannst du deinen Frieden finden.
    Ich wünsche dir, dass du den richtigen Weg für dich einschlägst.
    LG
    allesanders


    Es gibt Menschen, die wir in der Erde begraben; aber andere, die wir besonders zärtlich lieben, sind in unser Herz gebettet. Die Erinnerung an sie mischt sich täglich in unser Tun und Trachten, wir denken an sie, wie wir atmen, sie haben in unserer Seele eine neue Gestalt angenommen, nachdem zarten Gesetz der Seelenwanderung das im Reich der Liebe herrscht.


    Honoré de Balzac



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