Meine Mutter wurde erlöst

  • Ein freundliches "Hallo" in die Runde!


    Vor 2 Wochen ist meine Mutter verstorben - sie wurde 88 Jahre alt und war schon seit Jahren schwer herzkrank.
    Sie war ungezählte Male im Krankenhaus - aber sie hatte immer Lebensmut und wollte sich nicht aufgeben. In der letzten Zeit wurde sie immer schwächer, musste auch 3 x in der Woche zur Dialyse … ich sah, wie sie immer weniger und kraftloser wurde, wie ihr Blick immer mehr ins Leere ging … trotzdem klammerte sie sich ans Leben, blieb immer noch auf ihren Beinen …


    Dann kam sie 2 Wochen vor ihrem Tod ins Krankenhaus und uns war irgendwie klar, dass sie es nicht wieder nachhause schafft. Sie hat dann noch selbst bestimmt, dass keine Dialyse mehr gemacht werden soll - und auch sonst keine lebensverlängernden Maßnahmen. Daraufhin begann der Körper, langsam zu versagen … wir konnten nichts weiter tun, als bei ihr zu sein, so oft es ging.


    Natürlich wusste keiner, wie lange es so noch weitergehen kann. Schweren Herzens hatten wir einen Platz im Pflegeheim besorgt … dann wurde es am Nachmittag vor ihrem Tod irgendwie anders … die Schwestern verlegten sie ein Einzelzimmer und schoben mir ein Bett mit hinein, so dass ich die Nacht bei ihr bleiben konnte. Ich bewachte ihren Schlaf - sie wurde auch noch mal wach und erkannte mich - ich hielt ihre Hand, tröstete sie, spielte ihr ihre Lieblingsmusik vor … und achtete auch darauf, dass ihr regelmäßig das Schmerzmittel gegeben wurde (vor allem wegen ihrer Luftnot, zur Beruhigung).


    Am nächsten Morgen sollte sie ins Pflegeheim verlegt werden. Die Sanitäter standen schon am Empfang. Da bemerkte ich, dass ihr Atem anders wurde … lange Pause nach dem Ausatmen … ich musste so weinen und mein Mann regelte dann, dass meine Mutter doch nicht mehr verlegt werden musste, die Ärzte sahen ein, dass das zu anstrengend für sie ist und dass sie sich schon langsam auf den Weg ins Jenseits gemacht hat.


    Meine Schwester und mein Vater (93) kamen dann, nachmittags fuhr ich kurz heim - meine Schwester meinte noch, es wäre alles ruhig, ich könnte mir Zeit lassen … ich hatte aber keine Ruhe und wir fuhren schnell wieder hin … als ich ins Krankenzimmer kam, machte sie noch wenige Atemzüge und schlief denn ruhig ein.


    Ich bin sehr traurig.
    Aber auch irgendwie glücklich.
    Die letzten Monate war es keine Frage mehr "dass", sondern nur noch "wie".
    Und das hat sie jetzt geschafft … ruhig, friedlich, in unserer Mitte, von uns den letzten Tag und die letzte Nacht rund um die Uhr bewacht und behütet.
    Das tröstet mich sehr.
    Jede Entscheidung, die wir trafen, war richtig.
    Wir hatten genug Zeit.
    Alles war gesagt - und geklärt - und das, was nicht gesagt oder geklärt wurde, das sollte dann eben auch so sein.


    Natürlich fehlt sie in unserer Mitte - aber irgendwie ist sie auch noch da. Unter uns.
    Und es ist gut, dass sie jetzt erlöst ist.
    Da, wo sie jetzt ist, geht es ihr besser als die letzten Monate/Jahre hier mit ihrer immer schwerer werdenden Krankheit.


    Aber mein Vater sieht das natürlich anders.
    Den müssen wir jetzt trösten.
    Mal sehen, wie es weiter geht.
    Die Beerdigung haben wir hinter uns - und nun muss der Alltag irgendwie weitergehen.
    Ich fühle mich sehr angestrengt … aber das ist FAMILIE.


    Liebe Grüße!

  • hallo Greta,
    mein Beileid. Die erste Zeit ist schlimm, obwohl ich Deine Gedanken nachvollziehen kann. Mein Papa ist vor knapp einem Jahr
    verstorben. Er war sehr krank, Demenz im Endstadium und genau wie Ihr haben wir nur von Tag zu Tag gehofft das er
    friedlich gehen kann. Er hat sich leider nachts davongestohlen. So wie er im ganzen Leben Rücksicht auf uns genommen hat.
    Trotzdem ist der Schmerz erst gross, obwohl man es ihm gewünscht hat. Du wirst wohl genauso denken.


    hier kann man seine Wehmut "raus"schreiben, das tut immer wieder gut.


    LG
    Sabine

  • Liebe Greta, ein leises aber wie immer trauriges Willkommen hier bei uns.


    Wie schön das sie es geschafft hat, aus der Krankheit in den Frieden.
    Ja es ist gut wie sie gehen durfte, vieles vieleicht, was ihr und euch erspart geblieben ist so denke ich, wenn ich an meine LIeben denke.
    Und ja es tut weh, sie fehlt - auf einmal ist nichts mehr wie es war.
    Denke ich geradew an deinen Vater, wie lange sie so zusammen sein durften, nun im Alter wo man sich aneinander festhält muss man loslassen.


    So trauert dann jeder für sioch und ihr doch miteinander.
    Ich wünsche euch allen, alles was es nun braucht, den Weg zu gehen, zu trösten und getröstet zu werden.


    Mit einer lieben Umärmelung,
    Funny.

  • Vielen Dank für eure Antworten.


    Ich habe gar nicht so das große "Trauergefühl" - sondern eher ein stilles Glück. Meine Mutter ist sowieso noch da - irgendwie und irgendwo - das spüre ich ganz deutlich. Aber nur ihr glückliche, fröhliche, sonnige Seite … ohne Leid und Krankheit. Das ist schön irgendwie. Schwer zu erklären.


    Bei mir überwiegt die Dankbarkeit - sie gehabt zu haben, sie so friedlich gehen lassen zu können.
    Wie Bonhoeffer schreibt … "aber die Dankbarkeit schenkt in der Trauer eine stille Freude - man trägt das vergangene Schöne wie ein kostbares Geschenk in sich" … das trifft es genau. Ich hätte nicht erwartet, dass es mir schon 2 Wochen nach ihrem Tod so geht … aber vielleicht ist das auch ein Geschenk!?


    Und trotzdem laufen mir die Tränen übers Gesicht, während ich das schreibe ….

  • Sie lesen sich schön deine Worte liebe Greta.
    Mir ging es ähnlich und ich wünsche dir eigentlich nur, das dieses Gefül in dir so bleiben mögen.


    Andererseits sind zwei Wochen nur der Anfang, die Trauer ist unberechenbar sucht und geht gnandenlos seinen Weg.
    Ein GEschenk aber vielelicht, das dir das LEben gemacht hat, den Tod zu sehen was er ist, er gehört dazu er erlöst ebenso wie er aus dem LEben herrausreißen kann.
    Auch ich kenne diese Dankbarkeit, dennoch wurde ich nicht verschont zu erkennen, der Platz ist leer, er bleibt her, es gibt nichts das noch im Leben gemeinsam sein darf.
    Anders aber, ja in mir und um mich herum, da sind auch meine Lieben anwesend so stark als wären sie nur um die Ecke und kämen gelich wieder.


    Das Erkennen aber der Stuhl bleibt leer, an den Feiertagen zu besonderen BEgebenheiten, war nicht leichtt, das kam als ich dachte ich hätte die Trauer weniger Kraft als bei anderen.
    Der Moment wo ich den Hörer in die Hand nehme und die Telefonnummer keinen Anschuss findet.
    Der Moment wohl, wo mir die ENdgültigkeit bewusst wurde.



    So freue ich mich einfach für dich, die Freude dessen was überwegt, ein Geschnek, du hast so recht, es ist ein Geschenk.

  • Ja, liebe Funny, ich denke auch - wenn der Alltag richtig da ist, dann wird es noch viele Momente geben, wo ich sie schmerzlich vermisse … wenn dann das Telefon klingelt und ich weiß, dass es nicht Mutti sein kann … und natürlich bei Feiern, wo sie der Mittelpunkt war …


    Traurig ist gerade für mich besonders, die Trauer meines Vaters noch auffangen zu müssen. Das durchleide ich mit. Ich versuche ihm aber auch zu vermitteln, dass Mutti ja irgendwie auch gar nicht "weg" - sondern immer noch zwischen uns ist. So empfinde ich es ja auch. Nicht, als würde sie jeden Moment zur Tür herein kommen, sondern dass sie einfach irgendwie "da" ist.


    Ich bin traurig, aber nicht "verZWEIFELt" im engeren Sinne. Es ist kein Zweifel - es ist alles gut vollendet. Es gibt keine Frage "warum?" … es gibt auch keine Frage, noch etwas hätte sagen oder klären zu müssen.
    Es ist alles ruhig irgendwie.

  • Das freut mich so etwas zu lesen, es bleiben vielfach so viele Fragen, so vieles andere das einen keine Ruhe finden lassen will, kann.


    So ein Leben ist ja auch eine runde Sache, es hat einen Anfang und ein Ende, wie sich das getaltet allerdings, das ist eben nie gleich.
    Ich sage immer annehmen können, darin liegt etwas ganz wichtig wertvolles, nicht viele aber können, es ist ihnen nicht gegeben oder die Umstände sind nicht gegeben.


    Ob du deinem Vater vermitteln kannst weiß ich nicht, eine andere Generation, andere Umstände, andere, zurückliegende Erlebnisse aber vielleicht ist ja deine Einstellung und dein Gefühl dir von der Familie so mitgegeben, ich weiß das nicht.
    Ich weiß nur das jeder seine eigen Art zu trauern hat, eigene Gedanken, eigene Umstände.


    Ich glaube da sein ist das wichtigste, abnehmen das wirst du wissen kann man leider nicht - jeder in seiner Zeit, in seinem Können.


    Auch mir ist eine Nähe geblieben, während andere davon reden sie sind einfach nur weg, nicht mehr da.
    Mnanche belächeln mich aber sie verstehen nicht, was sie nicht fühlen können oder ich würde aus meiner Sicht sagen dürfen.
    Jeder hat da ja seine eigene innere Einstellung.

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