Unselbständige Mutter

  • Mein Dad ist jetzt seit vier Wochen verstorben. Meine Mom ist deswegen total am Ende. Sie war mit meinem Vater 41 Jahre verheiratet. Sie ist 62 Jahre alt und fit. Mein Dad war 15 Jahre älter als sie und die letzten zwei Jahre schwer Lungenkrank.
    Sie schottet sich jetzt noch mehr ab als sie es vor seinem Tod getan hat. Sie hat keine Freunde, keine Hobbies. Sie arbeitet nicht mehr weil sie seit 1 Jahr in Rente ist.
    Sie wohnt bei mir mit im Haus, hat die untere Wohnung.
    Ich kann seit dem Tod meines Vaters keinen Schritt mehr machen ohne dass sie zur Tür raus schaut, ohne dass sie fragt was ich mache. Sie will überall hin mit. Ich habe keinen Augenblick mehr für mich. Und wenn ich etwas ohne sie mache und sie bekommt es mit dann ist sie beleidigt und macht mir Vorwürfe, dass sie ja jetzt alleine wäre und niemanden mehr hätte.
    Das macht mich total fertig! Sie blockt alles ab wenn ich ihr vorschlage, dass sie etwas unternehmen soll. Oder dass sie mal spazieren soll. Oder sich mit alten Kolleginnen zum Kaffee etc. treffen soll.
    Ich weiß nicht mehr weiter.
    Habt ihr eine Idee wie ich sie animieren kann etwas zu tun? Und was könnte sie tun?
    Viele Grüße
    Yvonne

  • Liebe Yvonne,


    vier Wochen, das ist leider noch keine Zeit und ich vermute, dass Deine
    Mama noch nicht realisiert hat, dass ihr geliebter Mann nun nie wieder
    kommen wird.
    Ich kenne das Gefühl leider sehr gut, dass man sich einigelt und auch
    auf noch so liebevoll gemeinte Ratschläge total unzulänglich reagiert.


    Sie stützt sich nun auf ihre Tochter, die ja mit im Haus wohnt und immer
    da ist. Verständlich, aber auf Dauer gesehen nicht realisierbar, denn Du
    hast Deine eigene Familie und Dein eigenes Leben.
    Du kannst auch kein Ersatz für Deinen Papa sein und willst dies auch nicht,
    denn auch Du trauerst um Deinen Papa.
    Ich kann Dir nur empfehlen, dies Deiner Mama in kleinen Schritten in
    liebevollen Gesprächen zu vermitteln.
    Ich ahne jedoch, dass es ein längerer Weg sein wird, den Du da beschreitest.
    Um irgendwann wieder ein friedliches, eigenes Leben führen zu können,
    ist es unumgänglich, dass sie ein eigenes Betätigungsfeld finden sollte.
    Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Geduld und Kraft, dass Du
    die Situation entschärfen und Deiner Mama behilflich sein kannst.


    Ganz liebe Grüße Regine

    Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung.
    Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
    Man trägt die Erinnerung wie ein kostbares Geschenk in sich.
    Spatzerl, ich liebe Dich unendlich und vergesse Dich nie.

  • Liebe Yvonne,

    ich kenne das von meiner Mutter. Wir hatten sie, als mein Vater starb, jeden Sonntag hier zu Besuch. Und das war nur ein Tag, selbst da haben wir manchmal gedacht, nur einen Sonntag mal allein sein. Wenn wir irgendwohin fahren wollten, haben wir sie dann mitgenommen. Sie konnte einfach nicht allein sein. Die Woche über war ja dann meine Oma, also ihre Mutter noch im Haus, mit der sie ihr Schicksal teilen konnte. Wir haben ihr dann einfach nach einem Jahr gesagt, dass sie nun langsam mal etwas für sich selbst unternehmen könnte, sich Freunden und Bekannten anschließen, die sie ja auch hatte, oder gemeinsam mit ihnen zu Veranstaltungen gehen. Es klappte auch, allerdings, wenn wir irgendwohin fuhren, haben wir sie dann trotzdem oft mitgenommen, aber da ging es dann von uns aus.

    Nach 4 Wochen musst Du sicher noch Geduld haben. Es ist bei jedem anders. Ich dagegen war froh, wenn ich allein war, als mein Mann verstorben war, und habe meine Tochter weggeschickt, weil sie so oft kam. Der eine braucht Ruhe und der andere hat Angst, allein zu sein. Man muss das richtige Gespür in seinen Worten finden, aber ich würde es auch so nach und nach mit ihr besprechen, dass Du noch eigene Interessen hast, wo Du allein sein möchtest. Vielleicht hilft es schon ihr zu sagen, dass Du auch mal alleine trauern möchtest. Das wird sie vielleicht einsehen.
    Ich wünsche Dir viel Glück und Gespür dabei, mit vielen lieben Grüßen von Berit.

  • Vielen herzlichen Dank für eure Antworten.
    Sie hat ja früher schon "geklammert"...auch in meiner Teenagerzeit als ich noch zu Hause gewohnt habe.
    Und jetzt macht sie das auch wieder.
    Es ist schwer für mich denn ich fühle mich in gewisser Weise dadurch gestresst und ich soll immer Stärke zeigen.
    Aber da werde ich wohl noch etwas Geduld haben müssen und hoffe, dass sich das eines Tages gibt und sie wieder eine Beschäftigung für sich entdeckt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!