die Trauer kann heilen

  • Ihr Lieben,


    die Trauer kann heilen - will heißen, dass die Schmerzen ganz langsam immer weniger werden, jedoch flammen diese Schmerzen immer wieder auf. Es ist wie ein Feuer, das sich immer wieder selbst entzündet und doch wird es irgendwann nicht mehr brennen, wird glimmen, die Glut wird dunkler werden, ruhiger, sanfter.


    Und die Trauer kann heilen - will heißen, dass die Trauer mir in meinem Leben bewusst macht, dass dieses Leben endlich ist, dass jederzeit alles passieren kann. Die Trauer heilt meine Ignoranz dem Leben gegenüber, sie heilt meine übergroße Vorstellung davon, dass ich die Zügel in der Hand habe.


    Nein, nicht ich bestimme, was hier passiert. Das habe ich schon lange begriffen. Anderes ist hier im Gange und ich möchte dem einfach nur näher kommen, möchte wissen, was wirklich geschieht. Genau das gehört zu meinem Heilungsprozess dazu.


    Um überhaupt eine klitzekleine Vorstellung davon zu bekommen, was hier wirklich abgeht, will zuerst mal ich heil werden, ganz werden, in mir selbst ich selbst sein mit all meiner Trauer.


    Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass ich das Bewusstsein erlange, mehr zu sehen, als das was bis zu meinem eigenen Tellerrand geht.


    AL Frieda


    Ps: das ist eigentlich nur für die Menschen geschrieben, die schon länger in Trauer leben. Für euch andere liest sich das sicher sehr schwer.


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Ihr Lieben,


    ja ich empfinde, dass die Trauer eine große Möglichkeit in sich trägt, nämlich die Möglichkeit, über seine eigenen Vorstellungen hinaus zu wachsen.


    Ganz sicher: ich wollte liebend gern mit ihm "alt werden". Wir waren ja auch schon ziemlich alt, als er starb. Aber ich dachte in meiner heillos romantischen Art, dass "alt werden" heissen kann: zusammen mindestens so um die 77 bis 99 Jahre alt zu werden ... aber wer wird das schon ... und das auch noch zusammen).



    So sehe ich jetzt ein, dass es ganz natürlich und auch in Ordnung ist, wenn der Eine vor dem Anderen "geht".


    Und selbst wenn "es viel zu früh ist", ist es in irgendeiner Ordnung, die wir aber nicht erkennen können, weil wir in unseren Vorstellungen davon, wie das Leben so zu sein hat, festhängen.


    Unser Leben ist nicht so, wie wir es uns wünschen, sondern unser Leben ist so, wie es eben ist. Und das ist eine riesige Herausforderung und eine große Chance.


    AL Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Uff Frieda kann Trauer heilen ? Hab jetzt laaaange darüber nachgedacht und meine These lautet ja und nein........oder doch eher ein klares nein ? Hmmm also das das Leben endlich ist war mir schon vorher bewusst ( ich denke jedem anderen auch ) aber ich bin halt nicht damit umgegangen.......viele Verluste erlebt und dennoch ist der Gedanke der Endlichkeit nicht in den Fokus geraten.......und eigentlich finde ich das auch gut so denn ich hätte nie und nimmer gewollt immer mit den Gedanken an Endlichkeit zu leben......wo sollte das denn hinführen ? Das man einen Menschen liebt und denkt nutze die Zeit denn es kann bald vorbei gehen ? Ich glaube kein Mensch ist überhaupt in der Lage so intensiv zu leben........und einfach nur zu " nutzen ". Ich finde diese Möglichkeit bietet das Leben einfach nicht......


    Was die Trauer in mir ausgelöst hat und das erst so ca. seit einem halben Jahr ist die Erkenntnis das ich vorher schon " kaputt " war und wie Du so schön schreibst selbst erstmal heile werden muss.......die Trauer hat mir gezeigt das ich in der Vergangenheit Fehler gemacht habe die mir nicht gut getan haben und die mir jetzt zu schaffen machen........
    Ich hab mich nie um meine Seele gekümmert, immer funktioniert.......warum habe ich nach Rolfs Tod nie einen neuen Partner zugelassen oder zumindest einen ernstgemeinten Versuch gestartet ? Warum habe ich mich nach jedem Todesfall wieder "berappelt", mich nur auf die mir sehr wenigen nahestehenden Menschen konzentriert und nie daran gedacht alles erstmal zu verarbeiten.........statt dessen immer alles wie ein " nasser Hund abgeschüttelt " und weitergemacht ohne an Konsequenzen zu denken.......ich war einfach zu streng mit mir selbst........
    Ich hatte mir ein Leben eingerichtet mit dem ich so wie es war zufrieden war ohne tatsächlich über den Tellerrand zu schauen......und ich habe verlernt ( falls ich das je konnte ! ) mir selbst was Gutes zu tun, mich mal in den Mittelpunkt zu stellen......
    Du schreibst das die Trauer Deine Ignoranz gegenüber dem Leben heilt und ich kann nur sagen das die Trauer mir die Ignoranz mir selbst gegenüber schmerzlich vor Augen geführt hat.......von Heilung kann ich da nicht sprechen........aber die Trauer hat mir ermöglicht es zu erkennen und nun daran zu arbeiten ( ganz ehrlich gesagt hätte ich aber darauf verzichten können )........
    Ich habe auch erkennen müssen, das so viele Dinge in meinem Leben einfach sinnlos waren......so wie kurz nach dem Tod meiner Mama......was hab ich da für sinnlose Dinge getan und leider tue ich das heute noch manchmal.......aber sind sie wirklich sinnlos ? Haben sie evtl. irgend wann mal einen Sinn ? Wer kann das schon sagen.....


    Hmmm Du schreibst unser Leben ist so, wie es ebend ist....ja stimmt aber warum denn dann versuchen das Leben zu verstehen oder gar den Tod ? Können wir das überhaupt ? Oder besser gefragt wollen/ müssen wir das überhaupt ? Macht es Sinn ?
    Ehrlich gesagt reicht es mir schon tatsächlich an einem Leben zu arbeiten was ich mir wünsche........mit ein wenig Freude und Zufriedenheit.....ob das Sinn macht ? Keine Ahnung.......


    LG
    Mäusi

  • Wieder und wieder habe ich diese Texte gelesen und komme zu keiner Antwort.


    Ich weiß einfach nicht, ob meine Trauer irgendetwas in mir heilen kann, weiß nicht einmal ob ich überhaupt diesen Anspruch habe, dass mir das gelingen sollte, könnte oder müßte.


    Es ist sicher so, dass der Verlust und die Trauer ein Anstoß sind (Anstoß?,welch eine Verniedlichung für ein Erdbeben) das eigene Leben und sich selbst zu hinterfragen, sich damit auseinanderzusetzen, was wichtig oder unwichtig, was richtig oder falsch ist. Und wenn man ehrlich und aufmerksam ist, stößt man dabei auch auf manches, das noch nie in und an einem selbst heil war, nebenbei natürlich auch auf die so gern verdrängte Tatsache, dass das Leben endlich und kein Wünsch-dir-was ist.


    Aber ob mich das wirklich voranbringt oder heilt?
    Eher kommt es mir vor als zeigte mir die Trauer, daß das Leben ein Gefängnis ist.
    Ein kleiner enger Raum, in dem ich nur sehr begrenzte Möglichkeiten habe, mich zu bewegen.
    Damit meine ich nicht, dass man im Leben nichts erreichen kann, oder dass das Leben nicht unendlich viele Möglichkeiten bereithält. Aber alles was ich tue oder denke findet in diesem kleinen Raum in engen Grenzen statt. Was hinter den mich umgebenden Mauern ist, werde ich erst erfahren, wenn 'jemand' von außen die Tür öffnet.


    So lange ich aber da drin stecke, bin ich voll und ganz damit beschäftigt immer neue Wege zu suchen, zu finden oder mich mit dem eigenen Stillstand, dem im Kreise drehen auseinanderzusetzen, die Wände zu bemalen oder Muster und Strukturen in den Rissen der Wände zu suchen, Tomaten in die Bodenritzen zu pflanzen oder was auch immer zu tun.


    Heilend fühlt sich das alles nicht an, eher hilflos - und am Ende belangslos.

    ..........

    And if you don't know where you're going

    Any road will take you there

  • " die trauer kann heilen " ...... beschäftigt mich auch seit tagen.
    um erst mal den begriff "heilen" wirklich zu verstehen habe ich bei wikipedia nachgeschaut: "während der heilungsprozess etymologisch eher durch ein ganz-werden bestimmt ist, bezeichnet genesen ursprünglich ein davon kommen aus einer gefahr."
    wir alle hier wissen wie sich trauer anfühlt, wie sehr sie unser leben verändert hat, wie sehr sie unsere seelen und herzen zerrissen hat und wie verwundet sie uns mit uns selbst zurück gelassen hat. letzt endlich finden wir uns in einer situation in der wir mit uns selbst alleine sind. so wie alle hier geschrieben haben konfrontiert sie uns mit unseren schwächen und fehlern und allem was auch vorher in unserem leben schon kaputt war, einfach mit uns selbst.
    die last des alltags und die verantwortung die wir für andere tragen müssen lässt uns wenig zeit unsere wunden zu lecken. keiner ist da der uns mal trägt und unsere unvollständigkeit mit der wir jetzt konfrontiert sind mit seiner liebe und fürsorge kompensiert.
    ob nun diese trauer heilen kann ???
    in den wundervollen jahren mit meinem partner war ich "geheilt", da war ich "ganz".
    mein ziel ist jetzt nicht "geheilt" zu werden, da mir bewusst ist das mich nichts mehr "ganz werden" lässt. ich versuche eher zu "genesen" soweit dies eben möglich ist mit all meiner trauer und unvollständigkeit. mit dem wissen (oder hoffen) das es am ende einen sinn ergeben wird und dem grössten schatz in meinem herzen, der liebe die niemals endet.
    liebe grüsse, kleinewüstenblume

  • ich finde es interessant, worüber andere menschen so nachdenken. ich würde von allein gar nicht auf die idee kommen. ich finde es schwierig genug, das leben als solches zu meistern, besonders jetzt nach dem verlust des geliebten partners. meine gedanken kreisen eher darum, wie ich am besten allein überleben kann. das einzige was die trauer mir gezeigt hat ist, welche ungeahnten stärken in mir stecken und was ich alles kann, wenn ich muss. für mich ist die trauer ein prozess, der mir hilft, die dinge, die geschehen sind zu bewältigen und der trauerprozess ist für mich persönlich etwas, was irgendwann abgeschlossen sein sollte.

    Erinnerungen sind kleine Sterne, die tröstend in das Dunkel unserer Trauer leuchten


    Die Erinnerung ist ein Fenster, durch das wir dich jederzeit sehen können

  • Liebe Lonie ( @Lucie59 ),


    auch ich empfinde manchmal so herrlich pragmatisch wie du, muss ich ja auch. Aber dann wieder interessiert mich doch, was "hinter den Dingen" steht oder stehen könnte.


    Und ja, liebe @kleinewüstenblume, es geht mir um dieses "Ganz-werden", gerade weil ich mich nach seinem Tod halb fühle, unvollständig. Ich könnte natürlich darauf hoffen, dass nach einer gewissen Trauerzeit ein anderer Mensch diesen Platz einnehmen darf. Aber so empfinde ich nicht.


    Kann auch nicht zufrieden sein mit der Vorstellung, dass ich jetzt nun mal so "halb" bis zu meinem Lebensende bleibe.


    Nein, ich sehne mich danach, durch die Trauer zu gehen und wieder heil, also ganz zu werden. Ich bin der Überzeugung, dass auch er in irgendeiner Weise wieder "ganz" werden möchte. Es geht immer alles weiter, ob wir wollen oder nicht. Ist schon gut, zu wollen.



    "Ein Teil der Heilung war noch immer, geheilt werden zu wollen."


    Lucius Annaeus Seneca





    AL Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Hallo,


    ich habe mir auch einige Tage Gedanken über dieses Thema gemacht. Vorstellen kann ich mir nicht wie Trauer heilen soll! Wenn man einen nahestehenden Menschen verloren hat, dann stirbt etwas in uns mit. Nur das man uns dann nicht auch gleich begräbt. Trauer ist das schlimmste und schwierigste was ein Mensch ertragen muss. Und ob da vorher was kaputt war oder nicht ist doch total egal. Durch Trauer wird dass, was vorher schon nicht gut war nur noch verstärkt. Und so wie Lucie59 geschrieben hat, es geht darum allein zu überleben und weiterzumachen, damit man irgendwann über dieses Erlebnis hinwegkommt.
    Wenn irgendwas heil werden soll, dann ist es ja irgendwann wieder ganz. Das wird ja bei uns nicht passieren, weil die Wunde zwar zuwächst, aber eine Narbe bleibt, oder mehrere. Also ist von uns ja niemand mehr ganz. Ganz werden kann man sowieso nicht mehr.
    Die Trauer wird immer da sein und sie wird uns verändern und wir verändern uns mit Ihr.
    Und Frieda, wenn du geheilt werden willst, dann musst du ja loslassen und weitergehen und alles vergessen was war. Nur so kann man geheilt werden. Kannst du das?
    Erinnerungen werden immer bleiben so lange wir leben.


    Sonnenschein 45

  • Liebe @Sonnenschein 45,


    ganz so einfach ist es dann doch nicht.


    Loslassen und weitergehen - sicher! Aber vergessen? Ganz bestimmt nicht!


    Wenn ich heilen, also "ganz werden" möchte, dann gehört die Zeit, die ich mit dem geliebten Menschen hatte dazu, ganz wie alles andere in meinem Leben auch dazu gehört. Und vor allem die Liebe zu ihm. Durch die Trauer hat die Liebe eine Chance, sich zu wandeln bzw. größer zu werden, weg von persönlichen Motiven hin zu einer großen Herzensliebe, die niemanden schmerzt.


    AL Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • liebe frieda,
    wie recht du hast. ich wünsche dir und allen von herzen einen weg zu finden und ihn gehen zu können um wieder heil zu werden.
    ist es doch eine der grössten sehnsüchte des menschen ganz zu sein, sich zu fragen, nach einem sinn zu suchen und ihn am ende, wenn man sein ziel nicht aus den augen verliert, zu finden.
    und das mit dem "wollen" ist genau das was ich mit einer konfrontation mit seiner eigenen unvollständigkeit meinte.


    " die seele wandert auf allen pfaden "
    ( Khalil Gibran )


    liebe grüsse, kleinewüstenblume

  • Liebe @kleinewüstenblume,


    das wünsche ich dir von ganzem Herzen auch. Danke dir!


    Du magst Khalil Gibran ...



    "Ist das, was das Herz glaubt,
    nicht genauso wahr wie das,
    was das Auge sieht?"


    Kahlil Gibran



    AL Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Wenn man einen nahestehenden Menschen verloren hat, dann stirbt etwas in uns mit.


    So ist das.
    Nach dem Tod meines Vaters 2002 hatte ich immer noch 14 Jahre meine Mutter, die 2 Wochen vor ihrem 88. Geburtstag leider ganz plötzlich innerhalb von 48 Tagen die Diagnose Krebs (Sarkom) bekam.
    Ich hatte sie jeden Tag in der Klinik besucht und jeden Tag hilflos zusehen müssen wie eine zuvor geistig sehr rege Frau zusehends von der Krankheit und den BTM abgebaut hat.
    Das alles hat mich selbst krank gemacht, manchmal merke ich sogar Depressionen.

    Trauer ist das schlimmste und schwierigste was ein Mensch ertragen muss.


    Es gibt nichts schlimmeres.

    Die Mutter war´s, was braucht´s der Worte mehr.

    Einmal editiert, zuletzt von Oldviking ()

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!