Hallo ihr Lieben,
am Donnerstag vor 5 Wochen ist meine über alles geliebte Frau friedlich in meinen Armen eingeschlafen. Ich war bis zum Schluss an Ihrer Seite. Sie hat mich auserwählt und wollte in meinen Armen einschlafen. So schmerzhaft dieser Moment war. So hat dieser mir auch Kraft gegeben. Noch nie habe ich so im Moment gelebt, wie in dieser schmerzhaften Zeit.
Ich habe ein Verständnis für den Beruf der Palliativ bekommen. Wieso Menschen das tun. Sich dem Tabuthema Tod stellen und Menschen helfen, welche sich selbst nicht mehr helfen können. Wäre ich diesen Weg nicht gegangen, dann würde ich das alles noch viel weniger ertragen. Ich weiß nicht Mal, wie das funktionieren hätte sollen: Ich kann es jetzt schon nicht ertragen.
Was mich am meisten erschreckt sind meine Mitmenschen. Menschen, von denen ich überzeugt war, dass diese mit mir durch dick und dünn gehen, sind nicht da. Und dann geben mir Menschen Halt, von denen ich nicht Mal wusste, dass Sie in meinem Leben sind. Ein absolut chaotischer Prozess. Alles verändert sich. Alles zerstört sich. Und dann wird doch neues erschaffen. Am Ende sind es Erkenntnisse, für welche ich dankbar bin.
Trotzdem verstehe ich vieles nicht. Dass Menschen mit den Tabuthema Tod nicht umgehen können, ist menschlich. Es ist wie ein Fremdkörpergefühl, welches Ihre heile Welt aus der Balance bringt. Also Scheuklappen drauf und Durchzug. Aus menschlicher Überforderung. Aber ist es nicht auch ein Akt der Menschlichkeit, über sich hinauszuwachsen und Menschen Halt zu geben, welche sich aktuell selbst nicht halten können ? Auch wenn das sehr schwer ist und Menschen überfordert ? Hat mich irgendjemand gefragt, wieviel Angst ich hatte und wie überfordert ich war, als ich mich als Begleitperson in das Krankenhaus einweisen lasse habe ? In meinem Alter ? Nein. Hat niemand. Man hat mir nur gesagt, wieviel Respekt man vor mir hat und wie stolz ich auf mich sein kann. Ich kann das nicht mehr hören.
Trauer spiegelt oft das wahre gesellschaftliche Bild Deines Umfeldes wieder. Und ich muss sagen: Mir gefällt überhaupt nicht, was ich im Spiegel sehe.
Schön, dass es manchmal sogar fremde Menschen gibt, welche Dir einfach einen zweiten Spiegel hinstellen und sagen: Jetzt hast Du zwei. Schau da rein. Da wirst Du mich sehen und ich werde Dir helfen.
Ich bin mir sicher, dass viele diese Zeilen verstehen werden. Weil ich glaube, dass es vielen so ergeht. Auch das ist eine Erkenntnis. Dass man nicht alleine ist.
Ich wünsche Euch allen viel Kraft und denke an Euch.