Ich trauere um meine Mutter

  • Ich trauere um meine Mutter - sie, die mich immer ohne Worte verstanden hatte und immer wusste, was ich dachte. Sie, die mich lesen konnte wie ein offenes Buch.

    Mein Mami kämpfte kurz nach ihrer Pension 10 Monate lang gegen den Eierstockkrebs und seine Metastasen - am Ende ging sie trotz verlorenem Kampf mit erhobenem Hauptes über die Türschwelle.

    Ich durfte in den letzten Minuten bei ihr sein, ihre Hand halten und sagen, dass wir alle zurecht kommen werden und wir wissen, dass sie auf uns Acht geben wird. Anschliessend atmete sie das letzte Mal aus. Ich binde sie in meinen Alltag ein und ich spreche über sie. Sie war eine Person mit einem riesen Herzen und Liebe für diejenigen, die sie gerade brauchten. Und Sie ist es wert, dass man sie so in Erinnerung behält.

    Aber heute ist wieder so ein Tag: ich halte es nicht aus. Die Trauer frisst mich innerlich auf, sie kommt in Wellen, viele Tage lang ist sie handelbar... Aber heute, heute nicht. Heute hat sie mich wieder eingeholt und ich lasse der Trauer Raum.

    Ich habe mich noch nie auf einem solchen Portal bewegt, aber ich muss meine Gedanken austauschen können... Mein Vater ist gesund, meine Schwester auch und ich bin in einer stabilen Partnerschaft. Aber die Person, mit der ich darüber reden möchte und mich halten lassen möchte, ist nicht mehr. Ich kann meinem Partner alles erzählen, er hört mir zu... Auch wenn ich merke, dass es für ihn schwierig ist... Ich möchte gerne mit jemandem darüber reden, der leider im selben Boot sitzt - jemand der wirklich versteht, wie es sich anfühlt. Jemand der das Ausmass des Lochs im Herzen kennt und nicht meine Familie oder Freunde ist.

    Der Schmerz ist tief und die Wunde gross. Und ich vermisse sie, unendlich. Und ich wünschte, sie hätte all das was sie noch tun wollte, tun können. Und ich hätte noch tausend Umarmungen und Küsse mehr gekriegt. Tausend mehr Momente, in denen wir zusammen lachten. Tausend Bücher mehr, über die wir philosophieren konnten und tausend Lieder mehr, die sie mir unbedingt zeigen wollte (obwohl ich diese doch schon kannte, für sie jedoch neu waren). Und noch viele Weihnachtsfeste mehr - wir waren beide Weihnachtsverrnarrt.

    Und es gibt so viele Situationen, in denen ich ihren Rat gerne hätte... Oder ihr etwas erzählen möchte. Und jedesmal trifft mich der Schmerz erneut, wie ein Hammerschlag.

    Ich habe "Angst" vor dem ersten Geburtstag meiner Mutter, "Angs" vor meinem eigenen ersten Geburtstag ohne sie und "Angst" vor der ersten Weihnachtszeit ohne sie.

    Ich vermisse sie. Und an Tagen wie heute weine ich - stundenlang.

  • savoro

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    • Official Post

    Liebe(r) savoro,


    mein herzliches Beileid sende ich dir, denn ich weiss sehr genau, was es heisst, die Mutter zu verlieren.


    Als meine Mama plötzlich starb, zog sich der Boden unter mir weg, ich hing nur noch am Telefon, das mir die Nachricht gebracht hatte und rutschte hinunter auf den Boden, in den Boden, es war schrecklich.


    Ich habe nach dieser Art Ohnmacht wirklich angefangen zu beten. Nicht für mich, für sie: dass sie einen Engel geschickt bekommt, der sie an die Hand nimmt und weiter führt .......


    Kann dich so gut verstehen. Hab keine Angst.


    Alles Liebe Frieda

  • Ein liebes Willkommen hier bei uns savoro.

    Schön, dass auch Du in deinem Schmerz hier gefudnen hast - sich mit Menschen austauschen die ähnliches erlebt habe, nachvollziehen können ohne sie zu belasten.

    Es ist anders mit Menschen zu reden die nicht zum unmittelbarem Umfeld gehören, so habe ich das damals auch empfunden und empfinde eigentlich noch immer so.


    So schwer den so geliebten Menschen zu verlieren, so vieles das nun einfach nicht mehr möglich ist - eingetauscht gegen Schmerz und vermissen.

    Die Momente die Tage wo die Tränen und der Schmerz einfach alles überschatten und man eigenltich nur in den Arm genommen werden mag - vielleicht mit den Worten - ich weiß.


    Den akuten Schmerz fühlen und die Angst vor dem kommenden - ich wünsche dir die Kraft die es braucht und Menschen die einfach da sind.


    Mit einer lieben Umärmelung,

    Funny.

  • Liebe beide


    Vielen Dank für euren lieben Worte.

    Es hat mir am Dienstag sehr geholfen, sie zu lesen. Auch wenn ich dann doch noch ein paar Stunden weinen musste.

    Auch, dass du Funny, es gleich wie ich empfindest bezüglich der Menschen, die nicht zum unmittelbaren Umfeld gehören. Es belastet mich teilweise sehr, wenn ich mich nicht ausdrücken kann.

    Ich will aber die traurigen Worte, Gefühle und Blicke meines näheren Umfelds nicht sehen und nicht spüren, da ich es meist als belastend empfinde. Meistens aus dem Grund, weil die Menschen nicht wissen, wie sie sich verhalten können. Und das widerum macht mir ein schlechtes Gefühl, weil ich ihnen mit meinen eigenen Gefühlen (auch wenn ich mit ihnen sprechen kann) keine traurigen Gefühle vermitteln möchte.

    Es gibt ein oder zwei Menschen in meinem Umfeld, die haben eine ähnliche Situation erlebt - da fällt es mir einfacher darüber zu reden. Aber dennoch habe ich immer irgendwie Angst "verurteilt" zu werden. Ich hoffe du verstehst was ich meine.

    Momentan gehts mir wieder einigermassen gut... Aber mit den kommenden Geburtstagen, Festtagen und der langen "Dunkelheit" (die Trauer holt mich meistens in der Dunkelheit oder bei Zugfahrten ein) wird es wahrscheinlich nicht lange gehen, bis ich erneut an einer solchen Position wie am Dienstag bin.

    Deswegen wollte ich mich bei euch bedanken.


    Liebe Grüsse an euch :knuddeln:

  • Wie sehr ich dich verstehe - deine Empfindungen spiegeln genau dem wie ich es wmpfunden habe.

    Wie auch jemanden etwas erklären, dass dieser Mensch noch nicht selbst empfunden hat.

    Der Schmerz dem kein anderer gleicht - all die Gedanken die man nicht abstellen und auch noch nicht verarbeiten kann.

    Selbst auf einem unbekanntem Weg ist es schlecht den Weg zu beschreiben.
    Vielfach wo die Momente sich abwechseln und das gerade gesagte morgen schon vielelicht gar nicht mehr passen, sich anders anfühlen - ein Krarusell eben auf das andere nur schauen - man selbst aber drin sitzt und das Thempo nicht bestimmen kann.


    Es wird seine Zeit dauern, ein Hoch wir einem Tief folgen und man kann es nicht planen sonders ist dem allem hilflos ausgeliefert.

    All die lieben Worte und Gesten anderer könen noch so lieb gemeint sein, was sie aber in einem auslösen kann keiner steuern.

    Sicher meinen es die Lieben gut wie aus sollen sie wissen - doppelt schwer für den Trauernden seine Liebsten schützen zu wollen vor all dem was uns selbst belastet.


    Kenne ich alles, war keine leichte Zeit und ja auch heute sind es noch immer die besonderen Tage die mich dünnhäuter werden lassen - so wird Weihnachten mit einem Tränchen gefeiert weil längst nicht merh alle Stühle besetzt werden aber in dem Gedanken wie sehr sie es selbst geliebt haben und wie sehr es die lieben die sich am Tisch zusammen finden.

    Die Geburtstagsgeschenke die sich wandeln von gewünschen Dingen zu Blumen und einer Kerze die man bei sich aufstellt oder zu Grab getragen werden.


    In Worte zu beshreiben all dessen was da in einem stattfindet kaum möglich wenn man nicht nachempfinden kann.

    Aber es wird - eine Floskel gerade für dich, für mich schon bitterer Wahrheit - sich in der Welt ohne die Lieben zu bewegen - sie in sich zu tragen anstatt das sie neben einem gehen, einem gegenüber sitzen.

    Die Zeit aber hat nichts geheilt - eher überdeckt, mich haben annehmen lassen was unausweichlich ist - das Leben leben in dem in stecke weil sie es niemals anders gewollt hätten.

    Der Weg aber war lang und steinig und einfach geht anders.


    Mit einer lieben Umärmelung,

    Funny.

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