Was macht ihr mit den Dingen eurer Verstorbenen?

  • Was habt ihr mit den Gegenständen gemacht, die euren gestorbenen Liebsten gehört haben? Zum Beispiel mit der Kleidung? Den persönlichen Dingen? Geliebten Hobbysachen? Ich bin immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich die Leute damit umgehen. Ich habe zum Beispiel die Kleidung meines Mannes etwa ein Vierteljahr nach seinem Tod weggegeben, weil es mir unerträglich wurde, sie zu sehen und zu wissen, er würde sie nie wieder anziehen können. Von einer Bekannten weiß ich dagegen, dass sie es auch nach zwei Jahren noch nicht fertiggebracht hat, sich von der Kleidung ihres Mannes zu trennen, weil sie das Gefühl hat, als würde immer noch ein Teil von ihm darin leben. Ich wiederum kann mich von den Steinen nicht trennen, die mein Mann während vieler Ostseeurlaube gesammelt hat. Anfangs habe ich einige in den Fluss hier in der Nähe geworfen, aber nun schon lange nicht mehr. Sie liegen mir irgendwie schwer auf der Seele, aber ich kann sie nicht wegtun. Vielleicht, wenn ich mich mal irgendwann zu einem Urlaub allein aufraffen kann, gebe ich sie an den Strand zurück, von dem sie herkamen ...


    Wie sieht das bei euch aus? Es geht mir weniger um Erinnerungsstücke, die ihr für euch behalten möchtet, sondern mehr um die Dinge, die für die Toten mal Bedeutung hatten, nun aber, wo er oder sie weg ist, keinen Zweck mehr erfüllen, Dinge, die eigentlich jetzt auch tot sind, eigentlich irgendwann mal weg müssten ... Versteht ihr, was ich meine?

  • Oh ja liebe Britta, ich verstehe genau was du meinst.
    Ich habe einige Dinge meiner LIeben behalten die ich mit etwas schönem verbinde, wozu es schöne Geschichten gibt.
    Wenn ich auf die Dinge schaue oder sie selbst benutze dann wird mir warm ums Herz.
    Es sind meistens keine besonderen Sachen, mal ist es einfach nur eine Schüssel in der wie schon zu meinen Kindertagen Wackelpudding gegeben hat.


    Dann mal ein Armband das mich überall hin begleitet wo es mir wichtig wird.
    Ich muss gerade lächeln, ich bin dabei eine nicht unbeträchtliche Sammlung von Kinderüberraschungen in neue Kartons zu packen um sie dann auf den Dachboden zu stellen.
    Für meine Mama war das sammeln der Figuren ihre Welt geworden, sortieren beschriften vervollständigen lenkten sie von ihren Problemen ab.
    Für mich aber ist das weiter sammeln nicht das wahre, vieleicht demnächst ja mal meine Enkel oder wer auch immer die Kartons mal da oben finden wird.


    Mir sind sie eher totes Material aber für ein Nichts mag ich sie nicht einfach verkaufen , da steckt ja doch ein gewisser Wert drin.
    Es war ihre Welt, nicht meine und Menschen die mir lieb sind denen ich das einfach überlassen würde gibt es da noch nicht.
    Einfach überlassen habe ich so einiges und das auch ziemlich schnell als ich merkte, ich kann nicht alles retten, ich habe gar nicht den Platz Ich stelle einfach nur voll, ich wusste gar nicht wie viel hinten es so in einem Schrank geben kann.


    Ich hatte alles voller Trauer, Dinge die gar nicht würdigen konnte die im Hinten verschwanden, verstaubten und das tat mir dann doch mehr weh als es in liebevolle Hände zu geben die davon etwas zu schätzen wussten.


    Mitlerweile habe ich auch das zurückbehalten von Dingen von mir aufgegeben.
    Vieleicht will es mal einer haben oder kann es gebrauchen.
    Flötepiepe, die haben einen anderen Geschmack - natürlich tat es mir weh, aber für sie gibt es keine Erinnerungen kein Interesse.
    Heute sage ich aber gut so, schaue mir das an und lerne daraus.


    Ich habe mir auch viele Gelegenheiten entgehen lassen abzugeben als jemand nach etwas fragte wo ich heute sofort freudig abgeben würde.
    Bei jeder Trauer aber ist das etwas anders gelaufen, am Ende aber so Jahre später weiß ich das so ein Moment zum loslassen einfach kommt wenn es an der Zeit ist.
    Natürlich habe auch ich gestaunt wie unterschiedlich die Menschen damit umgehen und ich weiß für mich heute - selbst ich habe das ja getan und hätte mir davor so einiges niocht vorgstellen können was ich später selbst gemacht habe.


    Sie kommen nicht zurück, sie werden nicht ein Teil von ihren Leben im hier mehr benutzen und da sie nichts mitnehmen können bin ich für mich auch sicher sie benötigen davon nichts mehr da wo sie nun sind und haben selbst den Sinn den ich noch in etwas sehe verloren.


    Jeder in seiner Zeit, in seinem Können, so schrieb ich schon öfter und daran hat sich auch nichts geändert bisher.
    Ich habe meine Erfahrungen machen dürfen - na ja eher müssen, so muss es auch ebenso jeder andere.
    Davon zu lesen aber immer wieder oder darüber zu schreiben hilft anderen manches mal mehr als man denkt.
    Danke dir für das aufgreifen dieses Themas.



    Mit einer lieben Umärmelung,
    Funny.

  • Hallo Britta,
    es ist wirklich sehr unterschiedlich, wie jeder mit diesen Dingen umgeht. Ich glaube, daß einem das Bauchgefühl sagt, wie es für einen selbst am besten ist. Die Gegenstände, die meinem Mann gehörten, sind zum Beispiel noch da, wo sie immer waren. Sein Rasierwasser neben meinem Deo, sein Hemd neben meiner Bluse und das Buch, das er gerade las, auf seinem Nachttisch. Für mich erfüllen seine Sachen durchaus noch einen Zweck. Sie stellen eine Verbindung zu ihm her. Sie haben ihm etwas bedeutet, also bedeuten sie mir etwas. Bei vielem was er erworben hat, war ich dabei. Das alles prägte unser Zuhause, unseren Alltag. Seine Dinge um mich herum zu haben, vermittelt mir das Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit in dieser Zeit, in der ich mich doch oft unsicher und verloren fühle. Wir waren beide leidenschaftliche Sammler. Gegenstände beinhalten für uns fast immer auch eine Geschichte. Viele Menschen empfinden das anders, brauchen den freien Raum und die Übersichtlichkeit. Bei uns war es eben anders. Ich liebe seine Dinge, habe sie gerne um mich, sind sie doch ein Teil von ihm, einer den man anfassen kann, den er berührt hatte. Mir gibt das Halt.
    L.G.Emmi

  • Hallo Britta,
    und danke, dass Du dieses Thema ansprichst. Wie Emmi es schon beschrieben hat, ist der Umgang mit den Sachen so unterschiedlich wie die Trauer und der Umgang mit dem Verlust. Es sind jetzt 3,5 Jahre nach dem plötzlichen und unerwarteten Ablebens meiner Frau. Das erste Jahre habe ich von Kerstins Sachen nichts anfassen können.
    Erst mit der Akzeptanz der absoluten Unveränderlichkeit und der für mich resultierenden Erkenntnis, dass es doch die beste Lösung ist nach dem zu handeln, was meine Frau immer zum Lächeln gebracht hat.
    Vieles an Kleidung z.B hab ich der Kleiderkammer gespendet, Kerstin hatte eine sehr soziale Ader, und wenn es hilft erfüllt es noch einen guten Zweck. Sie hatte aber auch Spaß daran, mit extra bedruckten Shirts bzw Oberteilen gewisse Stimmungen, wortlos ausdrücken zu wollen. Und das war wirklich vielschichtig, ob jetzt humoristisch bis hin zum Tipp mit dem Zeigefinger auf meine Nase (jaja Männchen kommen vom Mars und Frauen von der Venus) war da alles dabei. Aus diesen Teilen habe ich mir eine Wandcollage im Arbeitszimmer erstellt, in die auch Konzertkarten, Fotos und unser Erlebtes mit eingesetzt sind . Und darunter ein Regal mit, ich nenn es liebevoll Staubfängerchen und den Erinnerungsstücken sowie der Truhe mit ihren ganz persönlichen Gegenständen.


    Des Weiteren, Bücher, Musik, Bilder und auch sonst kulturell Wertvolles, ist und bleibt weiterhin bei mir. Man glaubt ja gar nicht welche erhellenden Gedanken das im Nachgang bringt. In der Gartenhütte habe ich eine ganze Kiste voll Blumenzwiebeln gefunden. Sie liebte ihren Garten und ich liebte es mich darin niederzulassen, neben den paar Sachen die Mann braucht gab sie der Sache Leben. In ihren Büchern fand ich dann einige Anleitungen zum Thema Blumenzwiebeln und hab dann Kraft meiner Wassersuppe diese eingepflanzt. Und ja, man staune, selbst ich als Techniker habe das hinbekommen, sogar sehr ansehnlich und ihr gerecht.


    Und da gibt es noch so viele andere Sachen, vllt sollte ich erwähnen, Wir waren ein Haushalt der beidseitig sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt hat. Warum sollte man auch Sachen kein neues Leben einhauchen wenn noch etwas brauchbares daran ist? Neu kaufen kann ja jeder. Einiges gibt allerdings auch woran ich noch nichts geändert habe. Im Bad stehen immer noch ihre Flacons und auch noch einige andere Dinge wie Zahnbürste usw. Da schrägste was ich noch habe, ist eine Dose Erbsen und Möhrchen aus ihren letzten Einkauf.


    Abschließend, glaub ich sagen zu können, dass jeder Mensch es sich mit sich ausmachen sollte und zwar in Anbetracht der Gedanken von dem geliebten Menschen, wie er mit den persönlichen Gegenständen umgehen kann und auch soll. Und wenn man die Möglichkeit hat, auch mit einer Entscheidung zu warten, bis das schlimmste Tief der Trauer überstanden ist.


    Mit lieben Grüßen


    Steve

  • Ihr Lieben,
    ich danke euch für eure Antworten! Morgen habe ich mehr Zeit darauf genauer einzugehen. Für heute nur eine kurze Frage: Anscheinend seid ihr alle in den Häusern/Wohnungen geblieben, in denen ihr schon mit euren Lieben gelebt habt? Also keiner wollte/musste umziehen? Ich frage, weil ich mir vorstelle, dass man bei einem Umzug, vor allem, wenn man sich verkleinert, noch mal ganz anders mit den "hinterbliebenen Dingen" umgehen muss, als wenn die Umgebung dieselbe bleibt.
    Liebe Grüße, Britta

  • liebe britta,


    da hast du natürlich vollkommen recht.... als ich damals von so vielen trauernden lesen musste, dass sie sich von ihrem zuhause trennen mussten, ist mir erstmal bewusst geworden, was das eigentlich bedeutet.
    ich für mich denke, dass, wenn ich in meiner/unserer gewohnten umgebung bleiben kann, dass für mich wesentlich einfacher zu ertragen ist, als in ein neues zuhause zu ziehen.
    das sieht aber nicht jeder so.... viele verzweifeln auch an dem gedanken, jeden tag die erinnerung auch in den räumlichkeiten zu sehen, was natürlich sehr weh tut.... mir erging es ja nicht anders, als ich aber von den schicksalen las, die nicht die wahl hatten, merkte ich erst, dass das hierbleiben, das kleinere übel war.
    ich bin so dankbar, dass ich hierbleiben durfte.


    ps und die garderobe meines mannes konnte ich, ich glaube erst nach 1-2 jahren weggeben, aber ich konnte sie nicht selbst einpacken... das haben gute freunde für mich getan.... ich habe 3 sachen meines mannes behalten.... die bilder konnte ich anfangs überhaupt nicht ansehen.... das dauerte mindestens 4 jahre...


    lg heike

    Rainer meine Liebe, mein Leben...
    immer, wenn wir von dir erzählen, fallen Sonnenstrahlen in unsere Seelen. Unsere Herzen halten dich umfangen, so, als wärst du nie gegangen...
    ich wünsche Dir Frieden, ohne Kampf , ohne Schmerz, unendlich geborgen für immer. Sei dort, wo Du bist, verbunden mit mir. Sei wachsam und sei da in dem Moment, wenn zu meiner Zeit, das Band unserer Liebe mich hinführt zu Dir.

  • Ich habe die besten Erinnerungsstücke (sogar ihre Jacken und Mäntel sowie einen Pullover sogar auf dem Beifahrersitz meines Autos liegen, ihr Postkartenalbum mit den Schreibutensilien) meiner Partnerin aufgehoben. Aich ihre Zahnbürste (evtl. braucht man ihre DNA einmal) und ihre Seife hab ich aufgehoben. Das ist alles nun in meinem Wäscheschrank und ich schlafe jede Nacht nbeben der Erinnrungsstücken meiner lieben Partnerin. So behalte ich ein Stück für ewig bei mir. Den Restr ihrer Wohnung da musste ich leider mit ansehen, wie ihr Bruder alles weggeschmissen hat.


    Liebe Grüsse
    Matthias :wacko:

  • Liebe Britta,
    ich habe sogar noch eine Tube Majonese von unserem letzten Einkauf im Kühlschrank...alles bleibt so wie es war. Das gibt mir ein gutes Gefühl..Liebe Grüsse

  • Ich bin 7 Monate nach dem Tod meines Mannes in eine kleinere Wohnung umgezogen
    Ich habe alle Kleidungsstücke, bis auf 1 Jackett und eine Weste, dir er gern getragen hat, weggegeben. Hab mir auch einige neue Möbel gekauft. Er ist in meinem Herzen.
    Aber das muss jeder selbst für sich entscheiden.

    Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist oder neben einem fehlt.


    "Musste dich gehen lassen und konnte nichts tun.
    Still und ohne Schmerz hoffe ich, kannst du nun ruhn."

  • Nochmals vielen Dank für eure Antworten, und entschuldigt bitte, wenn ich nicht auf jeden Beitrag einzeln eingehe.


    Besonders bemerkenswert finde ich, dass einige von euch Sachen aus dem Badezimmer behalten haben. Das hat mich absolut verblüfft, vermutlich, weil es bei mir so ganz anders war. Bei mir waren das die ersten Sachen, die ich entfernt habe: alles, was mit dem Körper zu tun hat, wie Kleidung, Schuhe und Toilettenartikel. Der Körper, der das mal benutzt hat, war nicht mehr da, er brauchte das nicht mehr. Nur eine Jacke meines Mannes hängt noch an der Garderobe. Mir tat es weh, an den verschwundenen Körper erinnert zu werden, deshalb sollte das weg, während bei einigen von euch mit diesen Sachen gerade der leibhaftige Mensch noch ein bisschen mit euch weiterlebt? Gerade diese Unterschiede finde ich spannend!


    Ein anderer Unterschied: Einige lassen möglichst viel so, wie es vor dem Tod war, weil es sie tröstet und sie das Gefühl haben, damit eine Verbindung aufrechterhalten zu können, während für andere die Dinge der Toten zu "totem Material" (Funny) werden. Bei mir ist es ein bisschen so, wie Funny es beschrieben hat: Ich musste meinen Mann loslassen, und inzwischen lasse ich auch ganz viele andere Sachen los. Was anfangs schmerzhaft war, empfinde ich mehr und mehr als Befreiung und Entlastung.


    Ich habe aber auch kennengelernt, was Steve beschreibt: Erhellende Gedanken, die sich aus der Beschäftigung mit der Hinterlassenschaft des Toten ergeben. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mich zu Lebzeiten meines Mannes mehr mit ihm darüber ausgetauscht. Andererseits legten wir beide Wert auf unsere eigene Privatsphäre, auch in der Ehe, sodass es also richtig war, wenn wir nicht alles miteinander teilten.


    Jeder und jede geht einen ganz eigenen Weg der Trauer, und jeder Weg ist richtig! Bzw. hier gibt es gar kein Richtig oder Falsch, sondern nur: So ist es für mich gut.

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