Wie gehts mir gerade

  • Lieber Ralf,


    was sind schon Worte?! Entweder du entschließt dich, die Worte eines Menschen zu verstehen oder du hast Probleme damit. ;)


    Dass jemand, den du liebst nicht mehr da ist, das ist eine Sache. Dass dieser Mensch vielleicht immernoch da ist, obwohl er "weg" ist, das ist eine andere Sache.


    Als meine Mutter plötzlich starb, habe ich für sie um "Begleitung" gebeten, um Begleitung der himmlischen Mächte für ihre neue Situation. Das hat sich sehr gut angefühlt.


    Mir ist damals der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Das Gebet für sie hat mir geholfen und - wie ich meine - ihr geholfen.


    Loslassen bedeutet nicht, jemanden aufzugeben, ihn zu vergessen ... sondern eher noch für ihn zu hoffen und alle Energie in seine Richtung zu geben, damit es ihm gut ergehe, da wo er jetzt ist.


    Wie du unschwer erkennen kannst glaube ich an ein Leben nach dem Tod. Der Tod ist für mich eine Art Geburt in eine neue Form des Daseins.


    Alles Liebe Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Liebe Frieda,


    wenn ich deine Worte nicht verstehe, heißt das nicht, daß ich mich entschlossen hätte, sie nicht zu verstehen, ich weiß wirklich nicht, wie du auf so eine Idee gekommen bist.


    Ich habe an anderer Stelle mehrfach gesagt, daß ich auch gläubig bin und bete. Für meine Eltern, für Sinead O'Connor ...


    Aber Gott ist nicht ein Kundendienst, der meine weltlichen Probleme auf Bestellung löst. Das ist schon noch meine eigene Aufgabe. Und ich bin keine Maschine, das weiß Gott auch.


    Loslassen heißt für mich, den Verlust des geliebten Menschen auf der weltlichen Ebene zu akzeptieren. Was das für mich persönlich bedeutet, auf welcher Ebene ich mit meinen verstorbenen Eltern im Kontakt bin oder nicht bin, darüber habe ich überhaupt keine Aussage gemacht. Meine Äußerungen hier erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


    Liebe Grüße

    Ralf

  • Lieber Ralf,


    "den Verlust des geliebten Menschen auf der weltlichen Ebene zu akzeptieren ..." - das ist zuerst so gut wie unmöglich, jedenfalls habe ich das so erlebt.


    Nun, jeder Mensch erlebt den Tod eines geliebten Menschen anders.


    Ich wollte dir mit meinen oben geschriebenen Sätzen nicht zu nahe treten, sorry.


    ALFrieda


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    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Liebe Frieda,


    der Tod meines Vaters kam ja nicht völlig aus heiterem Himmel, er hatte eine Vorgeschichte.


    Mein Vater hatte seit der Corona-Zeit jeden Lebensmut verloren, er wollte nur noch zurückgezogen in seinem Haus leben, nichts mehr damit zu tun haben, wie in dieser Zeit mit pflegebedürftigen Menschen umgegangen wurde, er wollte nicht mehr zum Arzt gehen, er hat sogar seinen eigenen Bruder, der in einem Pflegeheim lebte, bis zu dessen Tod drei Jahre lang nicht mehr gesehen, weil er die Rahmenbedingungen des Pflegeheims nicht ertragen hat.


    Ich habe mich ebenfalls in dieser Zeit von allen meinen Kontakten ferngehalten, damit wir in seinem Haus ungestört und in Frieden leben konnten. Ich wußte, daß es das Letzte war, das ich für meinen Vater tun konnte und ich habe diese Zeit nicht geopfert, denn es war kein Opfer, wir haben zusammen die Dinge getan, die ihm Freude bereitet haben und es war trotz allem eine schöne Zeit und meinerseits ein Ausdruck der Dankbarkeit, den ich ihm gerne noch zukommen lassen wollte.


    So gesehen ging er in Frieden, denn er wollte gehen und ich habe ihn gehen lassen. Er hat nicht mehr gelitten und am Ende war alles in Ordnung. Natürlich schmerzt mich sein Heimgang, aber ich weiß, daß es ein Gefühl ist, das vergeht. Ein Gefühl, das vergehen muß, damit wir begreifen, daß es so sein sollte und wir irgendwann wieder zu der Aufgabe zurückfinden, die wie im Leben haben.


    Ich sagte schon, ich bin gläubiger Christ und weiß meinen Vater bei Gott in seinem allerbesten Zuhause. Und wir sind nicht auf ewig getrennt, auch ich werde, wenn ich meine Aufgabe hier erledigt habe, zu ihm und meiner Mutter zurückkehren. Das ist meine volle Überzeugung.


    Auch wenn ich jetzt noch etwas orientierungslos bin, Gott wird mir meinen Weg zeigen. Ganz sicher.


    Liebe Grüße

    Ralf


    Ralf

  • Ach lieber Ralf,


    wie weh mir das tut, was du über eure Erfahrungen in dieser vermaledeiten Corona-Zeit schreibst. Was wurde da den armen Menschen zugemutet. In meinen Augen ist es eine Straftat, Menschen einzusperren oder vor anderen Menschen wegzusperren, "um sie vor einer Krankheit zu schützen". Es ist ein Leichtes, sich zu schützen, wenn jemand anstreckend ist ... aber lassen wir dieses Thema!


    Und wie gut das tut, was du für deinen Vater getan hast.



    ALFrieda


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    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Lieber Ralf,


    Deine gefühlvollen Worte lassen so vieles wieder in mir hochkommen.

    Auch wir hatten in der Corona Zeit ca. die gleiche Situation. Aus Angst haben auch wir uns von allen Kontakten zurückgezogen. Anfangs sind sogar meine Kinder nicht mehr nach Hause gekommen um ihre Großeltern nicht anzustecken. Ich lebte mit der größten Angst, da ich zur Arbeit musste und keinesfalls dafür verantwortlich sein wollte meinen Eltern das Virus zu übertragen. Gott sei Dank war dies nicht der Fall.

    Wie oft saßen wir in dieser Zeit bei den alten Fotoalben und erzählten alte Geschichten aus einer Welt die noch in Ordnung war.

    In dieser eigenartigen Zeit war ich einfach nur dankbar, dass meine Eltern nicht in einer Pflegeeinrichtung waren, obwohl mein Vater ein Pflegefall war.

    Trotz all der Schwere dieser Zeit zeigte sich mir, was für mich im Leben wirklich von Bedeutung ist.

    Es sind die Menschen die für mich von Bedeutung sind, die Gefühle die sie mir entgegen bringen und die ich durch ihr Dasein erleben darf.

    Es ist die Dankbarkeit die man diesen bedeutenden Menschen entgegen bringen kann und die in tausendfacher Weise zurück kommt.

    Es sind diese bedeutenden Momente, die man in solchen Zeiten als diese erkennt und ganz bewusst als solche erlebt, genau in dem Moment in dem sie geschehen und als solche für immer im Herzen bewahrt.

    Ja, es gibt sie immer in jeder Zeit, diese bedeutenden Momente, sie ändern sich nur ständig, so wie sich auch die ganze Welt irgendwie geändert hat.


    Liebe Grüße, kleinewüstenblume

  • hallo Ralf,

    auch ich kenne diese Situation leider zu gut. Als Corona ganz aktuell war lag meine Mama im Pflegeheim im sterben. Wir sind 2 Geschwister, wir durften nur einmal die Woche kommen und immer nur einer. Selbst am Muttertag durften wir nicht zusammen, obwohl ihr Zimmer so lag das man vom Hintereingang so hätte reingehen können ohne jemandem zu begegnen. Das war für uns eine ganz harte Zeit und tut heute noch weh.

    Mein Papa ist zuhause gestorben, mit all seinen Lieben um sich rum, das ist schon was ganz Anderes.


    LG

    Sabine

  • Ich sagte schon, ich bin gläubiger Christ und weiß meinen Vater bei Gott in seinem allerbesten Zuhause. Und wir sind nicht auf ewig getrennt, auch ich werde, wenn ich meine Aufgabe hier erledigt habe, zu ihm und meiner Mutter zurückkehren. Das ist meine volle Überzeugung.

    Lieber Ralf,


    es ist eine bewundernswerte Einstellung. Ich bin eigentlich auch überzeugt, dass ich meine Mutter, meine Partnerin Dorit und meinen Vater wieder treffen werde. Aber trotzdem sind sie so weit weg von uns, dass ich zumindest manchmal den Glauben daran beinahe verliere.


    Über den Tod unserer Väter haben wir ja bereits geschrieben und wir wissen, wie schwer das zu ertragen ist.


    Gestern war mit dem 06. August für mich der Tag, an dem Dorit vor 14 Jahren beinahe ertrunken wäre, am Nordseestrand von Baltrum. 10 Jahre später auf einem Gehweg eurde meine Dorit zu spät renimiert, dass sie an den Folgen verstorben ist.


    Alles Gute für Dich

    Matthias

  • Lieber Matthias,


    dieser Post von dir ist mir leider durchgegangen, ich habe ihn bis heute nicht gesehen.


    Ich für meinen Teil habe Jahrestage nie begangen, ich habe mich zwar damals, nachdem meine Mutter gestorben ist vor über vier Jahren, immer an die Tage erinnert, aber ich habe sie nie besonders begangen, weil ich auch dankbar war, daß sie besonders in der Corona-Zeit bei Gott in bester Obhut war und sie diese Zeit mit ihrer fortgeschrittenen Demenz nicht mehr erleben mußte. Sie hätte es vermutlich selbst gar nicht mehr gemerkt, aber die Realität des Lebens in dieser Zeit hätte auch negative Auswirkungen auf ihr Leben gehabt, die ihr zum Glück erspart geblieben sind.


    Mein Vater mußte leider noch alles aus dieser Zeit erleben und ich habe dann irgendwann entschieden, mein Leben für die Zeit, die ihm noch blieb, in seinen Dienst zu stellen. Ich habe mich von allen meinen Kontakten zurückgezogen, um (in dieser Zeit) nur für ihn da sein zu können. Das hat fast drei Jahre gedauert, aber ich bin froh, daß ich das für ihn noch tun konnte und habe nie gefragt, wie lange das noch dauert. Selbst wenn es noch zehn Jahre gedauert hätte, hätte ich das gerne getan. Weil ich davon überzeugt war und es auch als meinen Auftrag von Gott begriffen habe.


    Was jetzt kommt, ist eine ganz andere Geschichte. Mein Auftrag ist abgeschlossen und was ich jetzt noch im Anschluß daran tun möchte, ist eine ganz persönliche Angelegenheit und ich empfinde da auch gar keinen Handlungsdruck. Ich besuche das Grab meiner Eltern, wann immer ich das möchte oder aus praktischen Erwägungen (Grabpflege) für geboten halte.


    Was den ganzen Rest der Zeit angeht, der mir bleibt, bin ich frei zu tun, was immer ich von Gott für geboten halte oder von meinen Eltern gelernt habe. Ich begreife meine Aufgabe darin, ihre Überzeugungen, die ganz überwiegend auch die meinigen sind, weiterzugeben und ihr Lebenswerk fortzuführen. Das kann ich aber selbständig entscheiden und im Dialog mit Gott frei handeln. Ich bin überzeugt, daß meine Eltern sich das zu Lebzeiten auch so für mich gewünscht haben.


    Liebe Grüße

    Ralf

  • Lieber Ralf,

    du hast neulich hier einmal von deinem körperlichen Zusammenbruch geschrieben, der dich vor einigen Jahren wohl berufsbedingt heimgesucht hatte. Da musste ich sofort an den Anfang der 90er Jahre zurückdenken, als mein Arzt bei mir "nervöse "Erschöpfungszustände" vermerkt hatte. Grund war berufliche und private Überforderung. Schließlich wurde bei mir dann ein MS-Schub diagnostiziert. Heute habe ich rückblickend jedoch erhebliche Zweifel, ob das MS gewesen ist. Ich vermute, dass es schlichtweg ein Burnout gewesen ist. Schlimm war jedoch damals, dass selbst mein engeres privates Umfeld für meine Lage wenig Verständnis zu haben schien.

  • Lieber Uli,


    ich hatte genau genommen drei gesundheitliche Zusammenbrüche in den letzten 15 Jahren meines Berufslebens, die alle einen klaren Zusammenhang mit meiner beruflichen Belastung hatten. Beim Arzt immer dasselbe: 2 Wochen Krankschreibung wegen allgemeinen Erschöpfungszustandes. Ursachen wurden nicht betrachtet, obwohl ich sie beschrieben hatte, nach 2 Wochen ging alles wieder von vorne los. Der dritte Zusammenbruch war so heftig, mit Erinnerungslücken, daß ich darauf bestanden habe, daß das näher untersucht würde. Ich war erst in der Neurologie, ohne Befund, dann in der Psychiatrie, da wurde mir eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und ich war auf Einweisung des Psychiaters sechs Wochen freiwillig in einer psychiatrischen Tagesklinik, die einzige Alternative dazu wäre ja gewesen, in die vierte Runde zu gehen mit völlig unklaren Konsequenzen für meine Gesundheit. Ich hatte ja schon die Erfahrung gemacht, daß es von Runde zu Runde immer schlimmer wurde. Psychopharmaka habe ich kategorisch abgelehnt, das konnte ich auch gegen alle Empfehlungen tun, weil ich freiwillig dort war und keinerlei Suizidgedanken oder ähnliches hatte, ich habe klar gesagt, wenn das eine Bedingung ist, dann gehe ich raus. Ich habe in der morgendlichen Runde die Mitpatienten gesehen, die das genommen hatten und kaum noch gerade auf einem Stuhl sitzen konnten. Es ging dann doch ohne Psychopharmaka und nach 6 Wochen wurde ich als geheilt entlassen.


    Ich habe die Zeit genutzt, um mein Leben neu zu ordnen. Ich habe meine Arbeitsstelle gekündigt und mich als Pflegeperson erst für meine Mutter, nach ihrem Tod dann für meinen Vater bei der Krankenkasse registrieren lassen. Ich habe mich einer Selbsthilfegruppe für Depressionserkrankungen angeschlossen, aber mich immer gefragt, was ich da überhaupt verloren habe. Ich habe dort erreicht, daß eine Informationsveranstaltung für Betroffene mit einem Oberarzt aus der Psychiatrie durchgeführt wird. Ich habe diesem Oberarzt öffentlich meine Symptome beschrieben und ihn gefragt, was das mit einer Depression zu tun hätte und er antwortete, das seien ganz klassische Symptome einer Depression.


    Seitdem weiß ich, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, nämlich daß Arbeitsbedingungen die Ursache für Krankheiten sein können. Burn-Out ist ein umgangssprachlicher Begriff, aber es gibt keine dazu passende medizinische Diagnose. Das Problem liegt immer in irgendeiner Form bei dem Betroffenen.


    Man hat mich in der Tagesklinik massiv davor gewarnt, als Pflegeperson für meine Eltern aktiv zu werden, weil mich das überlasten würde. Man hat mir sogar eine "Wagenburg-Mentalität" mit meinem Vater vorgeworfen und ihm "Altersstarrsinn" vorgeworfen, weil er nicht aus seinem selbst gebauten Eigenheim in eine stationäre Pflegeeinrichtung umziehen wollte, und alles ohne daß sie ihn überhaupt jemals persönlich kennengelernt hätten.


    Bei allem Schmerz, daß ich mich zwei Jahre später von meiner Mutter und sechs Jahre später von meinem Vater für immer verabschieden mußte, bin ich am Ende auch stolz, daß es mir gelungen ist, gegen alle Unkenrufe, daß beide "Gott sei Dank!!!" nie in einem Pflegeheim leben mußten. Dennoch bin ich traurig, daß meinem Vater seit der Corona-Zeit jede Freude am Leben verloren gegangen ist und er am Ende selbst auch gehen wollte, was ich dann irgendwann schmerzlich akzeptiert habe.


    Diese sechs Jahre möchte ich um nichts in der Welt in meinem Leben missen, ungeachtet der wirtschaftlichen Einbußen, die ich hinnehmen mußte und egal wie es mit mir jetzt weitergeht. Ich bin guter Hoffnung, daß es meinen Eltern dort, wo sie jetzt sind, viel besser geht als hier und freue mich auf ein Wiedersehen im Jenseits, wenn auch für mich die Zeit einmal gekommen ist.


    Nach diesem Erlebnis ist allerdings in meinem Leben nichts mehr, wie es zuvor gewesen ist, aber ich bin guter Dinge, daß ich auch diesmal mit Gottes Hilfe den richtigen Weg finden werde.

  • Lieber Ralf,


    ich danke dir für deine ausführliche Beschreibung. Du hast es ganz richtig gesagt: Das Problem liegt immer in irgendeiner Form bei dem Betroffenen.

    Dazu teile ich dir eine Art Gleichnis mit, das der Arzt eines mittlerweile verstorbenen Arbeitskollegen ihm einmal erzählt hatte:


    Es ist Halbzeit bei einem Fußballspiel. Zwei Ordner mit einem Hund umrunden das Spielfeld. Als sie die Zuschauertribüne erreicht hatten, wirft ein Zuschauer eine Bierflasche nach ihnen. Zum Glück verfehlt die Bierflasche die beiden Ordner um drei Meter. Und wie reagieren die Ordner auf die geworfene Flasche?

    Der eine bekommt vor Schreck beinahe eine Herzattacke. Der andere Ordner jedoch sagt: "Oh, das ist ja meine Biermarke!!"


    Diese erfundene(?) Geschichte soll zeigen, dass die Menschen unterschiedlich sind und daher auch unterschiedlich mit gleichen Problemen fertig werden.

    Deshalb bin ich in den letzten Jahren zu der Ansicht gekommen, dass es nicht so sehr darauf ankommt, WAS man im Leben durchmacht, sondern vielmehr, WIE(!) man dieses WAS durchmacht. Wenn mich ein Mitschüler geschlagen hat, habe ich selten zurückgeschlagen, sondern bekam schnell feuchte Augen. Was habe ich des wegen einen selbstbewussten, ebenfalls inzwischen verstorbenen Mitschüler beneidet, weil dieser sich nichts hat gefallen lassen, sondern sofort zurückschlug.


    Wörter wie Despressionen, Psychotherapie, stationäre Behandlung etc. pp. sind heute in aller Munde und fast täglich in der Presse ein Thema. Ich möchte zwar nicht soweit gehen wie die Mutter meiner Frau, die oft zu sagen pflegte: "Wir hatten keine Zeit für Depressionen!" Allerdings vermute ich, dass viele in der Hoffnung in solch eine Therapie gehen, dass danach ein anderer Mensch aus ihnen geworden sei. Da habe ich allerdings meine Zweifel.

    Etwas anderes mag das bei Menschen sein, die aufgrund eines schlimmen Erlebnisses in ein sog. posttraumatisches Belastungssyndrom verfallen sind. Bei denen mag sicherlich erfolgreich eine Linderung herbeigeführt werden.


    Die Frau eines Arbeitskollegen leidet seit Jahren an sog. Depressionen. Zuletzt ist sie drei Monate in einer Klinik gewesen. Der Aufenthalt dort soll aber kaum etwas bewirkt haben. Schließlich ist die Staumauer ihrer Ehe eingebrochen, denn seit einigen Monaten leben sie getrennt.


    Genau derselbe Kollege hatte in jungen Jahren ebenfalls Probleme an seinem Arbeitsplatz. Deshalb wollte er gerne ins Allgäu gezogen sein, weil er dort oft seinen Urlaub verbracht hatte. Damals habe ich ihm erfolgreich davon abgeraten, indem ich ihm erklärt habe, dass es etwas ganz anderes sei, wenn der Urlaubsort plötzlich zum Arbeitsort würde. Dann hätte er nämlich mit Sicherheit auch dort dieselben Probleme wie hier, von denen er lediglich versuchen würde, wegzulaufen.


    Doch wie dem auch sei, ich habe mir in meinem Leben typbedingt zu viel gefallen lassen, was mich noch heute manchmal unausgeglichen werden lässt.

  • Lieber Uli,


    deine Schwiegermutter hatte recht, wenn sie sagte: "Wir hatten keine Zeit für Depressionen". Meine Eltern und Großeltern hatten die Zeit auch nicht. Meine Großmutter mütterlicherseits hat als alleinerziehende Mutter sieben Kinder großgezogen, weil ihr Mann gestorben ist, im Krieg! Mein Vater hat den Krieg als Kind erlebt, er hat mir erzählt, daß er bei einem Luftangriff der Alliierten beschossen wurde - als Kind!!! Das hat ihn Zeit seines Lebens traumatisiert. Ich denke immer daran, wenn ich, nachdem ich nach über 30 Jahren Abwesenheit zurückgekommen bin in unsere Heimatstadt, meinen Wagen in der Straße parke, in der das passiert ist, um in die Innenstadt zu gehen. Als ihm das widerfahren ist, hatte er sicherlich keine Zeit für Depressionen. Meine Großmutter hatte die auch nicht.


    Es gibt wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, daß Depressionen viel häufiger in "Friedenszeiten" auftreten als in Kriegszeiten.


    Ich habe das schon mal an anderer Stelle geschrieben, der Zusammenbruch kommt erst, wenn er kommen darf. Vorher hat der Mensch einen Selbsterhaltungstrieb. Meine Großmutter mit ihren sieben Kindern, mein Vater unter dem Beschuß der Alliierten, sie hatten einen Überlebenstrieb.


    Die Depression befällt eher Menschen, die unter einer Belastung leiden, in der sie keinen Sinn erkennen können, ohne daß sie eine Perspektive haben, sich von der sinnfreien Belastung in absehbarer Zeit zu befreien, währenddessen sie aber nicht notwendigerweise unter einer akuten Bedrohung von Leib und Leben stehen. Die Depression entwickelt sich eher längerfristig aufgrund von dauerhaft ungelösten Konflikten.


    Eine Psychotherapie hat lediglich den Sinn, mit dem Betroffenen zusammen Lösungswege zu erarbeiten, wie die Ursache des Problems beseitigt werden kann. Die Lösung muß der Betroffene dann selbst herbeiführen.

  • Lieber Ralf,


    nachdem ich mir deine Zeilen habe durch den Kopf gehen lassen, muss ich dir zustimmen. Wenn ein extremes Ereignis wie eben ein Krieg den Menschen befällt, dann ist in erster Linie der Überlebenswille da, alles andere steht zurück. Ich glaube auch an die wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass Depressionen viel häufiger in "Friedenszeiten" auftreten als in Kriegszeiten. - Dass dein Vater als Kind bei einem Luftangriff beschossen wurde, wundert mich allerdings nicht. Ich habe nämlich sogar mal gehört, dass sogar eine Trauerfeier auf dem Friedhof beschossen worden ist. Das gehört zwar nicht hierher, aber ich bemerke es trotzdem: Die Alliierten haben Deutschland zwar von der Nazi-Diktatur befreit, haben sich dabei aber auch selbst die Hände schmutzig gemacht. Das durfte nur nicht öffentlich gesagt werden. - Zuletzt möchte ich noch folgendes bemerken: Ich habe mir in meinem Leben sicherlich privat und beruflich zu viel gefallen lassen. Zum Glück übersehe ich dabei aber nicht, dass auch ich Fehler gemacht bzw. anderen Menschen Unrecht zugefügt habe.

  • Eine Psychotherapie hat lediglich den Sinn, mit dem Betroffenen zusammen Lösungswege zu erarbeiten, wie die Ursache des Problems beseitigt werden kann. Die Lösung muß der Betroffene dann selbst herbeiführen.

    Das sehe ich ebenso.


    So viele Therapien gibt es und so wenig Erfolge, nämlich genau aus diesem Grund: Es geht immer darum, was der Betroffene selbst will (und kann).


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    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

    • Offizieller Beitrag

    Mir gehts grad sehr aufgemischt:


    Hab so viel total Neues gemacht in den letzten Tagen, gebangt und gejubelt, aber es ist noch nicht zu Ende. Nach all den Vorbereitungen werde ich morgen den einen Schritt machen müssen/wollen, der völliges Neuland ist und der mich entweder ziemlich desillusioniert zurücklässt oder einer sehr guten, neuen Sache den Anfang und eventuell auch die Durchführung bereitet. Bin richtig aufgeregt.


    Und ich sage mir selbst: "ich hätte es gern so, dass das alles möglich wäre, aber ich befinde mich hier nicht in einer Art Wunschkonzert, so von wegen Bestellungen beim Universum aufgeben."


    Oft habe ich mir etwas gewünscht, das dann auch in Erfüllung gegangen ist ... und dann gar nicht so gut war.


    Das was ich möchte soll so sein, dass auch die höheren Mächte damit einverstanden sind, dass es für alle Beteiligten Gutes bringt, kein Verlierer, kein "Schwarzer Peter" ....... nirgends.


    Und das alles ohne dich, mein Allierliebster! Aber ich weiss es sicher, du bist mit mir und einverstanden.


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    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • So wie Frieda und Ralf sehe ich das auch. Die Psychotherapie vermag lediglich Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Hingegen vermag sie es nicht, einen anderen Menschen aus einem zu machen, so sehr sich die eine oder der andere das vielleicht gewünscht hätte.

  • Ich habe gerade eine Zahnarztbehandlung mit Betäubung hiner mich gebracht sowie eine fast schlaflose Nacht. Ich habe wieder sehr über den Tod meiner liebsten Angehörigen gegrübelt und wie es nun mit meiner Heizung weitergehen soll.


    Ich schreibe gerade im Forum über meine Gedanken und wünsche Allen hier im Forum einen ertragbaren Tag in der Trauer !


    LG Matthias

    • Offizieller Beitrag

    Ihr Lieben.

    ich möchte einige Dinge die hier über Depressionen geschrieben wurden nicht so stehen lassen.......Depressionen sind eine sehr ernst zu nehmende Krankheit besonders für die Betroffenen. Da ist es wenig hilfreich solche Sätze wie " meine Großmutter sagte Sie hätte keine Zeit für Depressionen gehabt "hier zu posten. Ebenso wenig ist es hilfreich als Laie hier zu schreiben wie Depressionen entstehen oder dasTherapien wohl eher hilfreich bei sog. posttraumatischen Belastungsstörungen seien.


    Da könnte ich hier auch schreiben das Schwangere nicht in den Kreissaal gehören, denn früher hätten die Frauen ja Ihre Kinder auch auf dem Feld bekommen. Versteht Ihr was ich meine ?

    Ich möchte nicht, dass eine trauernde Person so etwas hier liest und sich dann evtl. dadurch abhalten läßt sich Hilfe bei einem Psychiater oder Therapeuten zu suchen. Das Thema Depressionen ist ohnehin leider heute noch stigmatisierend.


    Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch hat eine andere Vorgeschichte. Und ja, viele Menschen setzen Ihre Hoffnungen auf eine Therapie. Doch jeder muss selbst entscheiden ob und was sie Ihm bringt. Wichtig ist nur, zu erkennen das man Hilfe braucht und diese dann auch anzunehmen.


    Menschen die nicht unter Depressionen leiden, können sich auch nicht ansatzweise vorstellen wie es ist, damit leben zu müssen. Meist liegt eine jahrelange Odysee hinter den Betroffenen. Ich möchte allen Menschen mit dieser Krankheit Mut machen sich helfen zu lassen. Ja, es ist ein langer schwerer Weg aber es gibt Hoffnung auf Besserung ( von Heilung möchte ich hier nicht reden ). Auch die Psychopharmaka sind wesentlich besser als noch vor 20 Jahren. Aber auch hier gilt : ob man sie nimmt muss jeder selbst entscheiden.


    Und bevor jetzt hier eine Diskussion entsteht empfehle ich jedem sich vorher die Doku " Tod nach Plan " anzusehen. Aber vorab eine Warnung : DAS IST NICHTS FÜR ZARTBESAITETE MENSCHEN ODER MENSCHEN DIE SICH GERADE IN EINER AUSNAHMESITUATION BEFINDEN !!!!! Ich selbst war schockiert was Depressionen anrichten können und wo sie einen hintreiben können.


    Also bitte Ihr Lieben wenn Ihr Euch in einer Ausnahmesituation befindet und nicht mehr weiter wisst, lasst Euch helfen, nehmt Hilfe an egal in welcher Form ( Psychiater, Psychotherapeut, Telefonseelsorge oder ja, auch ein " normales " Trauercafe in der Gemeinde ) . Es muss nicht immer gleich die psychiatrische Klinik oder die Hammermedikamente sein. Reden hilft vielen schon gerade nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Kleine aber oft sehr hilfreiche Schritte machen. Sich selbst nicht überforden, sich Zeit geben mit der völlig neuen Situation klar zu kommen das ist wichtig.


    Sorry aber das musste ich jetzt mal loswerden. Ich wäre dankbar, wenn sich daraus jetzt keine Diskussion entwickelt. Danke.

    Eure Mäusi

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