Was mir noch einfällt

  • Gestern las ich den Satz von einer Trauernden sie lebe noch zu sehr in der Vergangenheit und schaue noch nicht nach vorne.

    Fast hätte ich das kommentiert.
    Denn es kribbelte mir in den Fingern zu schreiben, dass ich nie in der Vergangenheit gelebt habe. Und auch nicht nach vorne blicke.
    So in dem Sinne, dass ich ja sowieso nicht in die Zukunft sehen kann.


    Aber dann dachte ich, so wörtlich kann das ja eigentlich nicht gemeint gewesen sein.
    Es geht wohl eher darum sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. So wie ich das ja auch getan habe.
    Vorzugsweise und vor allem mit all dem was ich falsch gemacht habe.
    Bis mir irgendwann dämmerte wie unsinnig und brotlos das ist und ich schlicht die Nase davon gestrichen voll hatte.
    Bis ich verstanden hatte, dass es nur jetzt, dass es nur die Gegenwart gibt.
    Und dass nur das zählt.
    Weil ich weder das Vergangene noch das noch nicht Geschehene beeinflussen kann.
    Eigentlich eine vollkommen klare Angelegenheit.

    Mit dem nach vorne sehen ist es aber nicht so klar und einfach.


    Einerseits kann ich sagen, dass ich nicht nach vorne sehe.
    Nicht nur weil ich kein Hellseher bin, sondern auch weil das nach vorne Sehen immer etwas damit zu tun hatte, dass es ein gemeinsames Vorne gab, etwas wohin dieses Wir, das es nun seit fast 3 Jahren nicht mehr gibt, gemeinsam hin wollte, etwas, das wir erreichen wollten, das aber vor allem darin bestand, dass wir uns wünschten, dass dieses Wir, so wie wir es hatten, bestehen bleibt.


    Doch wo dieses Wir nicht mehr ist,da gibt es auch dieses Vorne nicht mehr, sondern nur noch das Ist und das Jetzt.
    Das ist ein Zustand und eine Blickrichtung, die mit Alleinsein und zuweilen auch mit Einsamkeit einher geht.
    Hört sich schlimmer an als es ist, denn wirklich allein bin ich selten, und das verdeckt zu einem großen Teil die Einsamkeit, die in einer stillen Ecke in mir lauert.


    Hinzu kommt, dass es jemanden gibt, mit dem ich mich sehr verbunden fühle.
    Eine Verbundenheit, die, soweit ich das erkenne, nicht mit einem Wir zu tun hat und die deshalb auch keinen zwangsläufigen oder vermeintlich naheliegenden Blick nach vorne mit sich bringt.
    Und das ist auch gut so, denn ich möchte überhaupt nicht wieder in ein Leben geraten, in dem ich so besinnungslos im Jetzt mir ein Morgen erträume oder irgendetwas auf ein Irgendwann verschiebe.
    Weil ich mir einbilde, dass ja noch sooo viel Zeit ist.
    Denn das stimmt einfach nicht.
    Es ist nur ganz wenig Zeit, es ist nur dieser eine, dieser einzige Augenblick.
    Immer.

    Und andererseits sehe ich ja doch ein wenig nach vorne.
    Weil Leben anders schwer vorstellbar ist, weil allein der Alltag es erfordert. Und weil ich mir Ziele setze.
    Der Unterschied zu früher ist, dass es meine eigenen, alleinigen Ziele sind.
    Die sind aber nach der Erfahrung dieser Zäsur von vor drei Jahren irgendwie klein, nicht auf einen langen Zeitraum ausgelegt.
    Im Grunde sind sie sogar bedeutungslos, es macht nichts, wenn ich sie nicht erreiche. Sie füllen meine Phantasie und meine Zeit und es macht mir Freude daran zu arbeiten.
    Ich blicke also allenfalls ein sehr kleines Stückchen nach vorne.
    So ähnlich wie ich das beim Laufen oft gerne mache. Ich blicke auf den Boden vor mir und in Abständen blicke ich auf und stelle fest wie es um mich herum aussieht und wo ich mich befinde.
    Und dann geht es weiter – immer einen Schritt nach dem anderen.

    Und dann war da noch ein Satz.
    Jemand schrieb sie habe die Trauer noch nicht ‚abgehakt‘ und das könne man wohl auch nie. Oder so ähnlich.
    Wirklich nicht?
    Nicht nur weil da dieses verdächtige Wort ‚nie‘ stand machte es mich stutzig, sondern weil es mir seit einiger Zeit so geht als wäre das doch möglich.

    Da ist zum einen diese banale und entspannte Normalität, die mich umfängt, die nicht den Hauch von Ausnahmesituation mehr hat und zum anderen die Erfahrung, dass es anscheinend keine ‚besonderen‘ – im Sinne von besonderes schwierigen oder gar schlimmen – Tage mehr gibt.
    Was für ein geradezu alltägliches Weihnachten, was für ein bedeutungsloses Silvester!
    Und wo sind die schrecklichen zwölften oder dreizehnten des Monats geblieben?

    Letzten Endes ist die Frage nach dem Abhaken der Trauer wie so vieles eine Frage der Definition.
    Für mich bedeutet abhaken nicht, den liebsten Menschen zu vergessen, sondern das Ende des tiefen Schmerzes.


    An seine Stelle ist Wehmut getreten. Da steckt zwar auch das Wörtchen ‚weh‘ drin - aber da steckt auch ‚mut‘ drin!
    Und deshalb ist es allenfalls ein sehr sanftes, leichtes Weh, das gemischt ist mit Liebe, Freude und Dankbarkeit.


    Trauer ist für mich etwas anderes.

    ..........

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    Einmal editiert, zuletzt von stiller ()

  • das hast du mal wieder sehr schön geschrieben, mein lieber rolf.
    viele dinge empfinde ich inzwischen ähnlich. du drückst sie immer so treffend aus.
    ich werde 2017 als das jahr der überraschungen ansehen, werde mich voller zuversicht treiben lassen und schauen, wohin mich das bringt.
    wehmut ist ein tolles wort, beschreibt das gefühl, dass ich an den diversen feiertagen hatte.


    in diesem sinne wünsche ich dir und mir und allen anderen hier für 2017 viele tage mit wenig "weh" und ganz viel "mut"


    liebe grüße von lonie

    Erinnerungen sind kleine Sterne, die tröstend in das Dunkel unserer Trauer leuchten


    Die Erinnerung ist ein Fenster, durch das wir dich jederzeit sehen können

  • Lieber Rolf, liebe Lonie,


    das habt ihr treffend formuliert. Rolf, du findest eh immer die richtigen Worte. Die Worte und Gefühle, die ich habe, aber mie so ausdrücken kann. Danke dafür.
    Und ja, Wehmut ist das richtige Wort. Manchmal noch immer viel Weh. Besonders um Feiertage und den Jahreswechsel. Aber auch Mut. Mut doch ab und an den Blick zu heben und ein Stück nach Vorn zu schauen. Auch wenn ich keine großen Zukunftspläne mehr mache. Das haben " wir " gemacht. Ich setze nur einen Fuß vor den anderen.
    Ich wünsche uns allen ein gutes 2017. Mit lieben Menschen an unsrer Seite!


    Liebe Grüße
    Chris

    Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist oder neben einem fehlt.


    "Musste dich gehen lassen und konnte nichts tun.
    Still und ohne Schmerz hoffe ich, kannst du nun ruhn."

  • Auch ich schließe mich an und wünsche allen hier im Forum ein gutes neues Jahr und vor allem ein gesundes Jahr, Gesundheit, die wir alle gerade jetzt brauchen.
    Lieber Rolf, ich finde auch, dass Du wieder einen sehr schönen und treffenden Kommentar geschrieben hast. Ich weiß, was Du meinst, aber dieses Denken an Vergangenes hat mich ein Leben lang begleitet und mir das Leben manchmal unnötig schwer gemacht und meinem lieben Mann mit. Er hat mich auch immer deswegen kritisiert, wobei mit jetzigem Nachdenken Schmerzen dabei sind, die ich mir selbst antue, was nicht unbedingt sein muss, ich weiß. Ja, ich denke z. B. gerade jetzt im Moment, dass wir in unserem Feriendomizil genau vor einem Jahr um diese Zeit fertig waren mit Mittagessen in unserer schönen Gaststätte. Und so geht es Tag für Tag, ein Leben lang. Ich werde mich erinnern an Deine aufrichtigen Zeilen. Bei vielen Mitgliedern hier ist es mir schon gelungen, nachdenklich zu werden, an mir zu arbeiten und, ja, besonders bei Deinen Zeilen. Es ist, als ob Du manchmal Aufgaben stellst, die man bemüht ist, einfach zu bewältigen. Einen Versuch ist es ja wert. Es ist mir deshalb auch so wertvoll, von vielen zu lesen, wie sie trotzdem alles bewältigen, weil dies meine einzige Stütze ohne Freunde und Bekannte ist.
    Ich wünsche Dir und allen hier nochmals alles Gute und viel Glück :kerze2: und eine Kerze für all unsere Lieben, die nicht mehr bei uns sein können.

  • "Wehmut" ... eine so treffende Wortkombination- das finde ich auch!! Danke lieber @stillerdafür!
    es wird mich eine lange Zeit begleiten ... mit hoffentlich nach und nach weniger "weh" und dafür Stück für Stück mehr "Mut" in diesem neuen Jahr - dem ersten Jahr in dem mein Lieblingsmensch zur lieben und ganz wichtigen Erinnerung wird, aber nicht mehr Teil meines "realen Leben" sein kann ...
    da ist noch viel weh - und nicht soooo viel Mut - am Beginn diesen neuen Jahres


    ich wünsche uns / euch allen weniger Trauer, mehr liebevolle Erinnerungen und den Mut Veränderungen zuzulassen. Ein gutes neues Jahr

    Was man tief im Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren. J.W. v. Goethe

    Alles war selbstverständlich - nur das Ende nicht

  • ach lieber Rolf @stiller


    das ist genial geschrieben. Einfach nur danke dafür, wie schon so oft ... <3


    Ich könnte so vieles dazu schreiben, aber ich fühle mich jetzt einfach nur wohl und freue mich, hier mit dir in diesem Forum zu sein!


    AL Frieda


    ......................................................


    "Wir können der Tatsache nicht ausweichen,
    dass jede einzelne Handlung, die wir tun,
    ihre Auswirkung auf das Ganze hat."


    Albert Einstein

  • Was mir noch einfällt…

    Vor einigen Monaten las ich hier von einer ‚alten Häsin‘, dass sich irgendwann die Trauer verwandelt hätte in eine liebevolle Erinnerung, in ein nicht mehr Wehtun.
    In einen Zustand, in dem das ‚verlorene‘ Leben nicht mehr Verlust ist, sondern einfach etwas ist an das man sich gerne zurückerinnert.

    Doch so weit bin ich noch nicht – auch wenn es mir schon phasenweise so erscheint.
    Nur phasenweise, denn von Zeit zu Zeit würde ich mich gerne einfach nur sinnlos besaufen (tu ich aber nicht).
    So wie damals am Vorabend des sog. Idiotentests bei der Bundeswehr und ich am nächsten Mittag in der Halbzeit dieses Tests mit dem Krankenwagen abgeholt werden mußte, weil ich dort bewußtlos zusammengeklappt bin.
    Das war nicht schön. Es war sogar ziemlich peinlich, aber im Ergebnis war es das, was ich wollte.
    Nämlich bei diesem Sch…spiel nicht mehr mitmachen zu müssen.
    So besinnungslos wäre ich manchmal heute auch gerne.
    Aber ich besaufe mich nicht.
    Weil ich weiß, dass dabei außer einem schweren Schädel, einem schalen Geschmack und einem pelzigen Gefühl im Mund nichts herauskommt.
    Hätte ich diesen abgeklärten Zustand der von Trauer und Vermissen ungetrübten liebevollen Erinnerung erreicht, gäbe es wohl diese Gedanken an so eine vernebelte Vollabschaltung des Bewußtseins nicht .
    Schade eigentlich.

    Für einen kurzen Augenblick – genau genommen für noch nicht einmal einen ganzen Tag - dachte ich vor eine paar Tagen, es würde sich etwas ändern in meinem Leben.
    Weil es so schien als würde meine Tochter mit den beiden Enkeln aus unserer Drei-Generationen-WG ausziehen.
    Die Gründe dafür sind unwichtig, so wie auch der Grund warum sie es nun doch nicht tun wird, (wenngleich natürlich klar ist, dass es irgendwann doch geschehen wird).
    Was mich daran beschäftigt ist, dass ich für diese kurze Zeitspanne, in der die Möglichkeit des Auszugs im Raum stand, so voller Optimismus war und mich darauf freute.
    Diese Freude hatte überhaupt nichts mit meiner Tochter oder den beiden Kleinen zu tun, sondern nur mit meinem Bedürfnis nach Veränderung.
    Raus aus dem Stillstand! Hin zu etwas Neuem! Hin zu etwas Unbekanntem!
    Es wäre wieder eine Situation gewesen, , in der es etwas zu gestalten gibt, in der ich wieder etwas bekommen hätte, das ich jetzt nur in meiner Erinnerung habe. Wenn es auch nur zu einem Teil so gewesen wäre, es wäre ein ‚Projekt‘ , ein Ziel gewesen.

    Und es wäre sogar eine doppelte Ablenkung gewesen, nicht nur vom Gefangensein im Alltäglichen, sondern auch von der großen Ratlosigkeit, was ich denn tun würde, wenn ich vollkommen frei wäre in meinen Entscheidungen. Eine Ablenkung von der Frage, was ich in einem Alltag ohne meine Kinder und Enkel wollen oder tun würde.

    Warum ich das überhaupt schreibe und was beides mit dem Stattfinden oder Ausbleiben eines Übergangs der Trauer in ein liebevolles und dankbares Erinnern zu tun hat?

    Es zeigt mir, dass ich nach wie vor nicht in einem Leben bin, das mir gefällt, das ich mir so ausgesucht habe und mit dem ich mich ohne wenn und aber arrangiert habe, und es bedeutet außerdem, dass ich noch immer keine Ahnung – geschweige denn einen Plan - habe wohin ich mich bewegen will.

    Warum brauche ich denn überhaupt immer einen Plan?
    Weil ich nicht weiß wohin die Reise geht?
    Sollen die Pläne, Ziele oder Projekte nicht auch von genau dieser Unwissenheit ablenken?
    Hatten die vielen gemeinsamen Jahre nicht auch die wunderschöne Nebenwirkung, von den wirklich existentiellen Ungewissheiten abzulenken?

    Ich denke, ja.

    Da haben wir nun den Salat, und stellen fest, dass wir um viele Fragen einfach nicht herumkommen. Dass sie uns bis zum Ende erhalten bleiben werden.

    ..........

    And if you don't know where you're going

    Any road will take you there

  • Lieber Rolf,
    was soll ich sagen. Komme gerade vo Gottesdienst und habe ausnahmsweise dort nicht meinen Frieden gefunden. Wie gesagt, ausnahmsweise. Aber deine klugen Worte in denen ich mich absolut wiederfinde, haben mir gerade sehr geholfen. Dumme Sache mit all den offenen Fragen, aber ich möchte diese Ratlosigkeit endlich akzeptieren und annehmen lernen. Damit meine Seele zwischendurch Ruhe findet bis ich weiss wie es für mich weitergeht.
    Ich danke Dir, Euch Allen
    Jenny

  • Lieber Rolf,
    mit Deinen obigen Worten sprichst Du mir sowas von aus der Seele......phasenweise ist es tatsächlich so ,das das Wehtun " schon " in liebevolle Erinnerungen umgeschlagen ist aber ebend nur phasenweise.
    Pläne hab ich in der Zwischenzeit auch schon gehabt und umgesetzt: zweites Studium fertig abgehakt, Wohnung renoviert abgehakt etc. und dennoch, man hat diese Ziele erreicht und dann bemerkt man, das es nicht das ist was man eigentlich möchte......es ist nicht das Leben was man möchte. Bei Dir ist es der Gedanke des ab und zu mal " besinnungslos seins " bei mir ist es der Gedanke des sich einfach aus allem " ausklinken wollens ".....ich würde am liebsten meine Koffer packen und mal eine Weile irgendwo völlig abgeschieden ohne irgend jemanden um mich rum das Ganze hinter mir lassen wollen.....aber auch ich fürchte das dabei nicht allzuviel rauskommen wird......


    Mich hat letztens jemand gefragt " was willst Du eigentlich ? Was wäre ein Leben in dem Du zufrieden wärst ?" Tja und da war sie dann wieder diese Ratlosigkeit und die Frage " was zum Teufel will ich eigentlich ? Wo soll es hingehen, wie könnte mein zukünftiges Leben in Zufriedenheit aussehen ? Antwort ????????? ich weiss es nicht ! Ich weiss nur, das es so ist das Ziele, Pläne und Projekte tatsächlich nur von dieser " Unwissenheit " ablenken nicht mehr und nicht weniger.....


    Was ich aber erkannt habe ist der Umstand das wir uns mit UNS auseinandersetzen MÜSSEN......und ganz ehrlich dieser Umstand gefällt mir garnicht.......es fällt mit schwer über mich nachzudenken, mich in den Mittelpunkt zu stellen......ich mag es nicht im Mittelpunkt zu stehen und sei es auch nur in meinem eigenen Leben......ich weiss nicht mal woran das liegt......entweder ich habe diese " Gabe " nicht oder ich habe es verlernt......gute Frage nächste Frage.......


    Ja es stimmt lieber Rolf wir kommen um viele Fragen einfach nicht rum........arbeiten aber trotzdem daran sie zu beantworten.....kann/soll/ muss man das dann schon wieder als neues Ziel, neuen Plan oder neues Projekt sehen ? Auch das ist sie wieder diese existentielle Ungewissheit aber dieses Mal nicht nur als Nebenwirkung.......


    LG
    Mäusi

  • Ja es stimmt. Frage mich auch oft, was ich eigentlich will. Keine Ahnung. Echt. Ich weiß es nicht. Mache auch keine Pläne mehr - zumindest nicht für mich. Ich lebe einfach jeden Tag, wie er kommt. Klar hat man Termine, die erledigt werden müssen. Aber Pläne so wie früher....hab ich nicht mehr.
    Und warum soll ich mich mit mir auseinandersetzen. Es kommt wie es kommt. Da nützen alle Pläne nichts.

    Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist oder neben einem fehlt.


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  • Ihr Lieben,
    mir geht es aktuell auch so wie dir Chris, lebe Tag für Tag und denke all das Planen hat ja nichts genutzt, er ist gestorben und mit ihm unsere Pläne. Im letzten Jahr was das auch für mich ok, da ging es rein ums überleben, also weiterleben. In der letzten Zeit spüre ich aber die Sehnsucht nach einem Plan für mein Leben jetzt ohne ihn....., aber es gint keine und es fällt mir auch noch keiner ein.
    Also warte ich ab und denke die Dinge scheinen sich ja zu verändern und möglicherweise weiss ich ja irgendwann wohin die Reise geht?!
    Was soll ich sagen, Herr gib mir Geduld....

  • Hallo Chris,
    hmmm " es kommt wie es kommt ".......darüber musste ich jetzt erstmal nachdenken.....ja klar aber das ist ja nicht das was ich will.....auch wenn ich nicht weiss was ich so recht will.......
    Mit Plänen meine ich ja jetzt nicht so wie " früher " mal Reisen oder Konzertbesuche planen......nein, ich meine das " große Ganze "......die Richtung, die Tendenz.......oder anders ausgedrückt ich möchte nicht sterben und dann die restliche zurückliegende Zeit bereuen müssen und mir sagen " Du hattest die Möglichkeit ein zufriedenes Leben zu leben und hast sie nicht genutzt "........klar lebe ich derzeit auch jeden Tag wie er kommt aber wenn ich mir überlege das ich evtl. noch ca. 30 Jahre lebe macht mir das Angst....so ohne Sinn von Tag zu Tag zu leben.......
    Es liegt an mir die Zeit zu nutzen auch wenn ich noch nicht weiss wie......ich möchte zufrieden sein nur ich weiss noch nicht wie...ich möchte wieder " dazugehören " auch wenn ich noch nicht weiss zu wem oder was......tja und all diese Fragen warten darauf beantwortet zu werden......


    LG
    Mäusi

  • Und warum soll ich mich mit mir auseinandersetzen. Es kommt wie es kommt. Da nützen alle Pläne nichts.


    Genau über diese Sätze, liebe @Chris, bin ich auch gestolpert.
    Es stimmt, es kommt wie es kommt und viel kann ich daran nicht ändern, vielleicht sogar überhaupt nichts.
    Allerdings heißt das für mich nicht automatisch, dass ich mich mit mir selbst nicht auseinander setzen muss. Denn es widerstrebt mir zutiefst mich wie ein Blatt im Wasser dahintreiben zu lassen.


    Sollte ich etwa nur in dieser Welt gelandet sein um das Leben über mich ergehen zu lassen?


    Selbst wenn es so wäre, ich bin nicht bereit das einfach so hinzunehmen.
    Denn das hieße, dass es überhaupt keine Rolle spielt, ob ich hier bin oder nicht. Wenn das die Grundlage meiner Existenz ist, dann gehört sie auch zu dieser Kategorie die ich als ein Sche...spiel bezeichenen würde.
    Und auf so was hab ich einfach keinen Bock.
    Da bin ich schon lieber ein weltfremder Spinner, der sich einbildet, meine Anwesenheit hier könnte zu irgendwas gut sein, zu mehr als nur dazu die Zeit irgendwie rumzubringen. Lieber bin ich ein Phantast, der es für möglich hält, dass alles hier miteinander zusammenhängt, dass alles eine Rolle spielt und seine Wirkung für das Ganze hat. Auch der vielzitierte Flügelschlag eines Schmetterlings, der am Ende die Ursache für einen Wirbelsturm gewesen sein könnte.
    Und wenn das alles auch keine Rolle spielt, dann bleibt es für mich zumindest ein für mich sinnvoller Zeitvertreib, nach einem Weg zu suchen, der mein Weg ist. Und dazu ist es unerlässlich mich auch selbst zu erkunden.
    Ob ich dabei, liebe @Mäusi, so etwas wie Zufriedenheit finde, weiß ich auch nicht.
    Aber einen Versuch ist es zumindest wert.

    ..........

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  • Hallo miteinander


    Ich glaube auch ich verstehe da Chris
    oder besser , ich empfinde genauso.
    Sicherlich sollte man sich Ziele
    setzen, wenn auch erstmal kleine, aber es ist doch so dass jeder hier
    einen großen Einschnitt in seinem Leben erfahren musste und wie du
    schon geschrieben hast Rolf, jetzt haben wir den Salat. Alles was
    meine/unsere Ziele waren sind weg, innerhalb von Sekunden unter den
    Tisch gefallen und Pläne? Gern würde ich welche machen, aber alle
    Pläne hingen mit meiner Frau und Tochter zusammen, nun sind beide
    nicht mehr am Leben und ich kann (oder will?) mir momentan gar keine
    Pläne machen. Höre ich in mich macht mich dass eher unruhig, denn
    auch den Weg den ich jetzt wohl oder übel gehen muss, will ich nicht
    gehen und neue Wege erschließen sich mir nicht und ich schwöre dir
    dass ich suche, möchte ja selber nicht in diesem Loch stecken
    bleiben. Eventuell ziehe ich deine Metapher mit dem Blatt und dem
    Wasser mir zu Rate, denn auch das Wasser kann mich , so ich ein Blatt
    wäre, irgendwohin treiben. Das Wohin ist mir unklar, dass ist es mir
    jetzt aber auch, und warum sollte mich das Wasser nicht dahin treiben
    wo mir neue Aspekte des Lebens gezeigt werden, kann natürlich auch
    sein dass sich das Blatt mit Wasser vollsaugt und untergeht. Alles
    ist eben möglich und da hat eben , in meinen Augen, Chris nicht ganz
    Unrecht : Es kommt wie es kommt. Die Phase in der man auf der Stelle
    tritt, nicht weiter weiß oder weiter will und sich auch ein bisschen
    aufgibt ist nun mal da , man will das ja gar nicht und man kann auch
    nichts für. Bedeutet ja nicht zwangsläufig dass man nie mehr am
    Leben teilnehmen möchte. Viele Grüße

  • hallo ihr lieben,
    ich denke sehr viel über mich nach und über das leben, dass ich in zukunft führen möchte. denn so, wie es jetzt ist, empfinde ich es als so ne art zwischenstation, als nicht komplett, weil das (oder in diesem falle der), was mein leben komplett machte, nun eben nicht mehr da ist. nein, ich mache keine langfristigen pläne, das habe ich sowieso noch nie gerne gemacht, aber nun sind sie noch kurzfristiger. ich lasse die tage auch so an mir vorbeiplätschern, das ist ja auch das, was man alltag nennt und früher auch oft nicht anders war. trotzdem habe auch ich das gefühl, ich muss etwas ändern, irgendwo ankommen, wenn ich auch noch nicht so genau weiß wo. bei mir ist ganz stark das gefühl da, den rest meines lebens nicht alleine verbringen zu wollen. für mich gehört zu einem erfüllten leben, dass man die guten und schlechten tage mit irgendjemandem teilt. aber der gedanke, dass dieser jemand ein anderer ist, als mein verstorbener mann, fühlt sich irgendwie komisch an. trotzdem bin ich auf der suche und weiß, dass irgendwann jemand in mein leben kommen wird und es sich dann auch richtig anfühlen wird. so sind wir wohl alle auf der suche nach einem leben, dass wieder zu uns passt und wir sollten nicht aufgeben, nicht nachlassen. es wird sich lohnen, denn wenn wir es gefunden haben, werden wir uns sicher besser fühlen. so seh ich das gerade. und ich wünsche euch allen, dass ihr ein leben findet, in dem ihr wieder zufrieden seid und euch angekommen fühlt und schließe mich da mit ein.
    liebe grüße eure ilona

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    Die Erinnerung ist ein Fenster, durch das wir dich jederzeit sehen können

  • und warum sollte mich das Wasser nicht dahin treiben
    wo mir neue Aspekte des Lebens gezeigt werden


    Hallo Borste,
    was du schreibst kann ich gut verstehen, nicht umsonst habe ich mir diese Zeilen von George Harrison, s. u.,einmal als Leitspruch ausgesucht.


    Im Grunde schreibe ich ja nur darüber, dass es schwer erträglich ist, so ohne Ziel unterwegs zu sein und keine Antworten auf viele Fragen zu haben.
    Dass es aber dennoch unausweichlich ist, sich den Fragen zu stellen, nach Antworten zu suchen und zu versuchen etwas zu finden, das einem sinnvoll erscheint, das einen motiviert und dabei hilft durch dieses ziellos (ob es wirklich ziellos ist weiß ich nicht) erscheinende Durcheinander, das man Leben nennt, hindurch zu kommen.


    Ob das für sich gesehen wirklich Sinn macht, weiß ich im übrigen auch nicht, ich stelle nur fest, dass ich schlecht ohne Orientierung auskomme.

    ..........

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  • Sicher hast du recht Rolf und auch Ilona. Aber ich fühle mich grad wie ein Blatt im Wind. Ich weiß nicht, wo die Reise hingeht. Sicher war auch vorher der Alltag da. Aber da war auch mein Mann da. Es fand ein Austausch über das Alltägliche statt.
    Klar. Ich habe meine Kinder und Enkel. Habe Arbeit. War auch Silvester mit einer Freundin weg. Aber es fühlt sich alles nicht stimmig an.
    Ich weiß nicht, was ich will, wie ich es will. Aber dieses Leben ist , ach ich weiß es nicht. Stillstand stimmt auch nicht. Alles stimmt nicht.

    Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist oder neben einem fehlt.


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  • Hallo Rolf,


    ich habe dich sehr gut verstanden, denke ich. Mir macht ja diese eigene Ziellosigkeit ja auch zu schaffen und eigentlich bin ich nie einer gewesen der sich treiben lässt. Nur hat dieses Leben mir und eben vielen anderen auch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich weiß , der eine krempelt die Ärmel hoch und packt an und der andere lässt sich hängen, wobei wir uns ja einig sind dass der zweite nicht den richtigen Weg geht. Vielleicht braucht der zweite aber auch länger um zu verstehen dass er die Ärmel hochkrempeln muss oder sollte, ich geb ihm die Zeit und die Ruhe den Weg zu finden, wobei ich aber niemals den verurteile der schon eher seinen Weg gefunden hat oder schon intensiv sucht. Ist halt unglaublich schwer mit diesen Empfindungen rational umzugehen. Viele Grüße

  • Lieber Rolf,


    die akute Trauer hat sich in liebevolle Erinnerungen und
    unendliche Dankbarkeit über die gemeinsam erlebte Zeit
    verwandelt. Das kann ich nach nun über 4 Jahren
    bestätigen. Auch das "Wehtun" ist erträglich.
    Ich vergleiche dies immer mit Narben, die sich beim
    "Wetterwechsel" mal mehr und mal weniger bemerkbar machen.


    Mit mir auseinander gesetzt habe ich mich schon immer,
    also auch zu Lebzeiten meines Mannes. Ich weiß daher
    was ich will und was ich unter keinen Umständen will.


    Da wir alle verschiedene Lebenssituationen haben und auch andere
    Vorstellungen vom "Leben", sind auch die Erwartungen, die wir an
    unser Dasein haben, sehr unterschiedlich.


    Ich möchte das Leben nicht einfach so über mich ergehen lassen,
    denn dafür bin ich mir selbst zu wichtig. Zufriedenheit ist das
    Mindeste, was ich angestrebt habe und nun auch bin.
    Glücklich sein, dahin ist es noch ein weiter Weg, falls ich
    dieses Ziel jemals erreichen sollte. Es wäre schön.


    Ja, auch Pläne machen, das gehört zu meinem Leben, denn
    ohne diese sind viele schöne Begebenheiten, wie zum Beispiel
    Reisen, Freunde treffen, das Besuchen von Veranstaltungen u.v.m.
    nicht möglich. Nur die Zeiträume, die ich voraus plane,
    die haben sich durch die gemachten Erfahrungen, verkürzt.


    Wie wir alle erfahren mussten, können leider immer wieder Situationen
    eintreten, die unsere Pläne total über den "Haufen schmeißen".


    Das war bei mir in den letzten 18 Monaten auch immer wieder der Fall.
    Durch die eigene Gesundheit und durch die nicht heilbare Krebserkrankung
    meiner Schwester.
    Und gerade durch sehr intensiv geführte Gespräche mit meiner
    Schwester, die einen Lebenswillen hat, trotz begrenzter restlicher
    Lebenszeit, habe ich viel über meine eigene Situation nachgedacht.


    Letztendlich bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich
    die wunderbaren Momente genieße, dass es mir gut gehen soll,
    dass es für mich immens wichtig ist, viel Zeit mit mir lieben Menschen
    zu verbringen.
    Es ist mein Leben und ich bin es mir wert.
    Diesen Weg habe ich gesucht und nach langer, langer Zeit gefunden.


    Und wie Du zu Recht schreibst, ist es ganz wichtig, dass Jeder von
    uns nach seinem eigenen Weg sucht. Irgendwann einmal wird er
    ihn finden oder auch nicht............


    Nur das Vermissen und die Wehmut über den Verlust des liebsten
    Menschen, den man hatte, dieses Gefühl wird meines Erachtens
    nie ganz verloren gehen. Aber das gehört nun zu unserem Leben.


    Ganz liebe Grüße Regine

    Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung.
    Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
    Man trägt die Erinnerung wie ein kostbares Geschenk in sich.
    Spatzerl, ich liebe Dich unendlich und vergesse Dich nie.

    Einmal editiert, zuletzt von agadir ()

  • Der Sinn des Lebens...
    Zur Zeit befinde ich mich in einer Schleife....fühle mich zeitweise wie in einer Blase...
    ich denke soviel an früher...an unsere Urlaube...und oft spüre ich meinen Mann neben mir...
    mein Leben hat sich merkwürdiger Weise gar nicht so groß verändert...jedenfalls nach außen hin...
    ich wohne in unserem Haus...ich arbeite viel...und am Abend warte ich darauf das er nach Hause kommt...
    und das macht mir Angst...es sind keine dankbaren Erinnerungen...mir fehlt der Abschied den ich nicht nehmen konnte...und so rede ich mit ihm...in meinen Gedanken...und fühle er ist noch da.....
    die Schwiergikeit besteht darin das ich kein eigenes Leben leben kann...und zur Zeit auch nicht will.......
    Wir sind alle ersetzbar.....und ich hoffe zeitweise sehr das ich nicht mehr lange Leben muss...und deshalb benötige ich auch keinen Plan....
    Es ist so zwiegespalten...in mir drin...ich bin so froh meine Kinder und Enkel zu haben....und habe große Angst ihnen zu Last zu fallen.....ich gehe zu Einladungen um den anderen einen Gefallen zu tun...und fühle mich Unbeteiligt...als ob ich am falschen Ort im falschen Leben bin...
    ich mache mir Gedanken um meine Kinder...aber nicht um mich...ich bin nicht wichtig...auch ohne mich geht das Leben weiter ...
    Ich setze mir Ziele...und gehe auch mutig drauflos....aber schnell zieht es mich wieder zurück....ein paar Schritte schaffe ich nach vorn...aber dann bleib ich stehen oder geh zurück.....
    Also lebe ich mein Leben ab....und dann schimpfe ich mit mir selber.: sei dankbar das es dir so gut geht...anderen geht es sehr viel schlechter als dir......


    *Beginne damit alles zu vergessen was du weißt
    Dann bist du so wie du bist
    und du fühlst was du fühlst
    das ist es,..so einfach
    (Samarpan)


    Vielleicht ist es wirklich so einfach....aber alles vergessen was ich weiß?


    Meine Gedanken fliegen durcheinander...ich habe versucht sie aufzuschreiben...


    LG Sorina

    Alles verändert sich, mit dem der neben einem ist oder neben einem fehlt.
    In meiner Trauer wohnt die Liebe

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